Der.Spiegel.2009.01.pdf

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Eine Prognose
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Dachzeile
DAS DEUTSCHE NACHRICHTEN-MAGAZIN
Hausmitteilung
29. Dezember 2008
Betr.: Kuba, Irak, Campino, KulturSPIEGEL
M it dem Einzug Fidel Castros, heute 82, in die Hauptstadt Havanna feierte die ku-
banische Revolution am Jahresbeginn 1959 den Sieg über den Diktator Fulgencio
Batista – und etablierte doch nur eine neue, nun kommunistische Diktatur. SPIEGEL-
Redakteurin Helene Zuber, 52, traf in Florida, Spanien und Deutschland frühere Weg-
gefährten Castros, die sich von ihm abgewandt hatten, teils Jahre in kubanischen Ker-
kern verbrachten und schließlich ins Exil gingen. Huber Matos, 90, etwa, der Castros
Triumphzug durch Havanna in einem offenen Geländewagen mit einer Maschinenpistole
sicherte, schilderte ihr, wie schnell die anfängliche Euphorie verflogen war. Carlos Al-
berto Montaner, 65, wartet seit Jahrzehnten in Miami auf den Sturz Castros. Federico
Lomnitz, 68, war ein begeisterter Anhänger der Revolution – er lebt heute als Kaufmann
im hessischen Bad Homburg. „Viele der Enttäuschten würden gern nach Kuba zurück-
kehren, aber erst wenn das Land wieder frei ist“, sagt Zuber (Seite 100).
irakische Diktator Saddam Hussein, damals 69, nach
einem Prozess in Bagdad hingerichtet. Die letzten Tage
und Wochen und die Hintergründe des Verfahrens
blieben geheimnisumwittert. Die SPIEGEL-Redakteure
Erich Follath, 59, John Goetz, 46, Volkhard Windfuhr, 71,
und Bernhard Zand, 41, recherchierten bei US-Militärs,
bei ägyptischen, tunesischen und jordanischen Anwälten
Saddams sowie bei dessen Verwandten; sie sahen sogar
seine letzten Aufzeichnungen aus der Todeszelle ein.
Follath traf in Kairo Saddams früheren Anwalt Mo-
hammed Munib. Das Urteil des SPIEGEL-Manns über
Saddams Ende fällt vernichtend aus. Der Prozess gegen den Massenmörder sei
eine „vertane Chance, die Verbrechen des Saddam-Regimes im Detail aufzuarbeiten“,
sagt Follath (Seite 60).
V or zwei Jahren, am 30. Dezember 2006, wurde der
Munib, Follath
hinter der Fassade eines eher hemdsärmelig wirkenden Stars wie Campino, 46,
des Sängers der Toten Hosen? Mehr als zwei Monate begleitete SPIEGEL-Redakteur
Philipp Oehmke, 34, den Musiker immer wieder
und war überrascht – er lernte einen Künstler
kennen, der in der Öffentlichkeit gern sein Image
als bierseliger Punkrocker mit wildem Haar pflegt
und doch recht in sich gekehrt und nachdenklich
sein kann. Ob bei der monatelangen Tournee der
Band oder als Hauptdarsteller in Wim Wenders’
jüngstem Film „Palermo Shooting“: Campino,
so Oehmke, „leidet unter seinem Anspruch an
Perfektion, der ihn nicht selten zu zerreißen
scheint“ (Seite 134).
Oehmke, Campino
gabe an präsentiert er sich in neuem Layout. Neu sind auch Kolumnen wie „Pla-
nungsphase“, sie berichtet aus den Werkstätten von Künstlern über aktuelle Projekte.
So erklärt etwa der Londoner Architekt Sir Norman Foster seine Küche der Zukunft,
die er für den deutschen Küchenhersteller Format entwickelt. Sie soll erst 2010 offiziell
vorgestellt werden. In der Kolumne „Ghostwriter“ nimmt sich Ralf Husmann, preis-
gekrönter Autor der Comedy-Serien „Stromberg“ und „Dr. Psycho“, von nun an die
Freiheit, Prominente sagen zu lassen, was er von ihnen hören möchte.
Im Internet: www.spiegel.de
der spiegel
1/2009
3
W as ist Schein, was Wirklichkeit im Leben von Popstars? Was verbirgt sich
E inmal im Monat liegt der Inlandsauflage der KulturSPIEGEL bei – von dieser Aus-
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In diesem Heft
Titel
Krise oder Katastrophe – womit die Deutschen
im Jahr 2009 rechnen müssen ................................ 16
Bundesländer und Kommunen wollen die
Investitionen beschleunigen .................................. 24
2009 – ein Jahr der Entscheidungen Seite 16
Eine derart düstere Prognose
zum Jahreswechsel hat es
noch nie gegeben: Den Deut-
schen droht 2009 die schwers-
te Rezession der Nachkriegs-
zeit. Viele Unternehmen wer-
den in die Pleite rutschen,
Hunderttausende ihre Jobs
verlieren. Kanzlerin Angela
Merkel und Vize Frank-Wal-
ter Steinmeier stehen vor
einer Bewährungsprobe der
besonderen Art: Sie müssen
das Land entschlossen durch
die Krise steuern – und zu-
gleich Wahlkampf führen.
Deutschland
Panorama: Holt Berlin Guantanamo-Häftlinge
nach Deutschland? / NPD-Chef Udo Voigt
soll entmachtet werden / Müntefering droht
Ärger mit dem linken Flügel .................................. 12
Rückblick 2008 ...................................................... 14
Universitäten: Witten/Herdecke am
Abgrund – der Überlebenskampf der ältesten
deutschen Privat-Hochschule ................................ 27
Politiker: SPIEGEL-Gespräch mit der
Grünen-Chefin Claudia Roth über Emotionen
und Glaubwürdigkeit in der Politik ....................... 28
Justiz: Deutsche Staatsanwälte
ermitteln gegen ehemalige Rotarmisten
wegen Kriegsverbrechen ....................................... 31
Kriminalität: Die illegalen Geschäfte
der Firmenbestatter ............................................... 32
Ausländer: Wie die Integrationsbeauftragte
Maria Böhmer ihr Amt ad absurdum führt ........... 35
Medizin: Orthopäden fordern
Rückrufaktionen für fehlerhafte
Gelenkprothesen ................................................... 36
Unternehmen: Die Sektkellerei Rotkäppchen
startet ins Jubiläumsjahr des Mauerfalls ................ 38
Werftarbeiter (in Rostock)
Tränen lügen nicht Seite 28
„Nervensäge“, „Eichhörnchen auf Ecstasy“ – kaum eine
Politikerin zieht mehr Häme auf sich als Claudia Roth. Im
SPIEGEL-Gespräch erklärt die Grünen-Chefin, warum
sie vor laufenden Kameras weint, was sie über Machos
in der Politik denkt und warum die Bindewirkung der
Demokratie abnimmt: „Politik ist zu wenig authentisch.“
Wirtschaft
Trends: Interview mit Insolvenzverwalter
Michael Jaffé über die befürchtete Pleite-Welle /
Nur kurze Verschnaufpause für Qimonda ............. 43
Rückblick 2008 – ein Jahr in Krisen
von A bis Z ........................................................... 44
Reformen: Nicht einmal seine Erfinder sind
noch vom Gesundheitsfonds überzeugt ................. 46
Affären: Die Milliardenspielereien
des US-Investors Bernard Madoff ......................... 48
Ökonomie: SPIEGEL-Gespräch mit
dem Milliardär Hasso Plattner über verlorene
Reichtümer und die Zukunft des Kapitalismus ...... 50
Banken: Die Fast-Pleite der
Hypo Real Estate entwickelt sich zur
teuersten deutschen Affäre des Jahres .................. 54
Roth
Gesundheitsfonds mit Risiken
Seite 46
Der neue Gesundheitsfonds kommt, die
Krankenkassenbeiträge steigen auf ein
neues Rekordniveau. Doch das Geld
wird nicht lange reichen. Millionen Ver-
sicherte müssen 2009 mit Zusatzge-
bühren rechnen, sagt selbst der Chef
der zuständigen Aufsichtsbehörde und
spricht von Mängeln im System.
Gesellschaft
Szene: Rückblick 2008 ......................................... 56
Eine Meldung und ihre Geschichte – eine
junge Frau möchte mit einem Traktor
an den Südpol reisen ............................................. 58
Ortstermin: Der Todeskampf
des ostdeutschen Motorradbauers MZ .................. 59
Zeitgeschichte: Die letzten Tage des irakischen
Diktators Saddam Hussein .................................... 60
Das Testament aus der Todeszelle ......................... 64
Hightech-Medizin
Kogels Ideen für Harald Schmidt Seite 140
Fred Kogel ist der Freund und Produzent von Harald
Schmidt, hat lange mit Leo Kirch zusammenge-
arbeitet und war auch mal beim ZDF für „Wetten,
dass …?“ zuständig. Bei Constantin Film produzier-
te er Kinoerfolge wie „Das Parfum“. Dort hört er
jetzt auf. Im SPIEGEL-Gespräch erklärt er, was
TV-Managern heute fehlt – und weshalb „Schmidt &
Pocher“ ab April wieder getrennte Wege gehen.
Ausland
Panorama: Der türkische Linksintellektuelle
Baskin Oran über die Kampagne zum
Völkermord an den Armeniern / Arabische
Kritik an der Hamas .............................................. 93
Rückblick 2008 ...................................................... 94
Südafrika: Aufstand gegen den ANC ................... 96
Kuba: 50 Jahre nach der Revolution warten
drei Exilanten auf eine Chance zur Rückkehr ..... 100
Essay: Warum es still geworden ist
um Papst Benedikt .............................................. 104
Global Village: Ein Nigerianer als Gigolo
in Moskau ............................................................ 106
Kogel, Freundin Rhea Geisler
4
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Sport
Szene: Rückblick 2008 ........................................ 108
Funktionäre: SPIEGEL-Gespräch mit
DOSB-Präsident Thomas Bach über seine
Bilanz der Olympischen Spiele in
Peking und den Kampf gegen das Doping ............ 110
ANC-Anhänger (in Pietermaritzburg)
Wissenschaft · Technik
Prisma: Rückblick 2008 ....................................... 114
Energie: Die erstaunlichen Fortschritte
der Fusionsforscher .............................................. 116
Ethik: Wie in Deutschland Föten mit
Krebsgenen selektiert werden .............................. 119
Klima: Eisendüngung am Südpol bremst
die globale Erwärmung ........................................ 120
Medizin: Gehörtests für alle Neugeborenen ....... 122
Schiffbau: Luxusyacht mit Rennmotor
und Solarantrieb .................................................. 123
Aufstand gegen Mandelas Partei Seite 96
Er ist die älteste Bewegung auf dem Kontinent und seit fast 15 Jahren an der Macht:
Nelson Mandelas Afrikanischer Nationalkongress. Doch der ANC gilt inzwischen als
korrupt und selbstgefällig, Südafrikas Probleme bekommt er nicht in den Griff. Jetzt
bedroht eine Gruppe von Dissidenten die Monopolstellung der Regierungspartei.
Kultur
Szene: Rückblick 2008 ........................................ 124
Literatur: Neue Bücher und ein Film
zollen Sofja Tolstaja, der leidgeprüften Ehefrau
des Dichters Leo Tolstoi, Gerechtigkeit ............... 126
Musik: SPIEGEL-Gespräch mit dem
Pianisten Menahem Pressler über 53 Jahre
Beaux Arts Trio und sein Leben
zwischen Deutschland, Israel und Amerika ......... 129
Jahresbestseller ................................................ 131
Essay: Der Sozialpsychologe Harald Welzer
über die Blindheit der Experten
in der Wirtschafts- und Finanzkrise ..................... 132
Pop: Lieder voller Selbstzweifel von
Campino, dem erfolgsverwöhnten Sänger
der Band Die Toten Hosen .................................. 134
Nahaufnahme: Der Schweizer Martin Heller,
Chefplaner der Europäischen Kulturhauptstadt
Linz 09, bringt die Österreicher gegen sich auf .... 137
Die Zähmung des Sternenfeuers
Seite 116
Schon seit Jahrzehnten bemühen
sich Forscher, das Sternenfeuer auf
die Erde zu holen – nun wollen sie
erstmals ein Fusionskraftwerk bauen,
das tatsächlich große Mengen Strom
und Wärme erzeugt. Entscheidende
Vorarbeiten leisten deutsche Plasma-
physiker. Wenn das Vorhaben gelingt,
könnte der Menschheitstraum von
Energie im Überfluss wahr werden.
Fusionsanlage (in Garching)
Medien
Fernsehen: Rückblick 2008 ................................ 139
TV-Macher: SPIEGEL-Gespräch mit dem
Medienmanager Fred Kogel über Ödnis
im Fernsehen und das absehbare Ende von
„Schmidt & Pocher“ ............................................ 140
Israel: Die linksliberale Zeitung „Haaretz“
ringt ums Überleben ............................................ 142
Wunschkinder ohne Krebsgendefekt Seite 119
Britische Mediziner haben ein Designer-Baby ohne krankmachendes Brustkrebsgen
geschaffen. In Deutschland ist diese Präimplantationsdiagnostik verboten – doch
auch hier findet vorgeburtliche Selektion statt: Mütter entschieden sich bereits für
eine Abtreibung, weil bei ihrem Kind ein Krebsgendefekt diagnostiziert wurde.
Briefe ..................................................................... 6
Impressum, Leserservice ................................ 144
Register ............................................................. 146
Personalien ........................................................ 148
Hohlspiegel /Rückspiegel ................................ 150
Titelbild: Illustration Alfons Kiefer für den SPIEGEL
Tolstois Ehekrieg Seite 126
Sie waren fast ein halbes Jahrhundert verheiratet und
haben sich anfangs „glühend geliebt“: das Dichter-
genie Leo Tolstoi und seine Frau Sofja Tolstaja.
Tatsächlich endete die Ehe in einem desaströsen Klein-
krieg. Neue Veröffentlichungen – darunter ein nach-
gelassener Roman der Tolstaja selbst – widersprechen
dem überlieferten Bild der allein schuldigen Ehefrau.
Luftschlösser
Der Immobilienkrise zum
Trotz: Zehn Kreativschaffen-
de entwerfen für den Kultur-
SPIEGEL ihr Traumhaus –
vom Ökogebäude mit künst-
lichem Ungeheuer bis zum
Eispalast in der Wüste.
Tolstaja (um 1865)
der spiegel
1/2009
5
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Briefe
„Was könnte den Bibelleser Bert Brecht
an dieser alten Geschichte fasziniert haben?
Vielleicht: Abraham verkörpert den
,Menschen‘, der alle Lebenssicherheiten
aufgibt und in eine offene Zukunft
aufbricht, aufgrund einer ,göttlichen‘
Eingebung und Verheißung.
Dieser ,Glaubensmut‘ ist einzigartig.“
Der Monotheismus der ersten Jahrhunder-
te ist eine Mär. Wesentliches Merkmal der
Christianisierung war der Polytheismus
alter Prägung, dem eine absolute Instanz,
ein Gott übergeordnet wurde. Und auch
die zwei anderen abrahamitischen Religio-
nen hatten neben der zentralen, alles um-
fassenden Gottheitsbegrifflichkeit ein Pan-
theon verschiedener Nebengötter oder Dä-
monen. So weit ist es also nicht her mit der
Superiorität des einen Wesens, das wir alle
so verehren. Und Selige wie Heilige im
Katholizismus dürften auch Ausdruck da-
von sein, dass da ein Gott nie genug ist. Es
werden bis heute Gebete an die Abteilungs-
leiter des Herrn geschickt. Warum wohl?
Berlin
SPIEGEL-Titel 52/2008
Norbert Jackisch aus Gelsenkirchen zum Titel „Abraham –
Christen, Juden, Muslime: Wem gehört der Urvater der Religionen?“
Henning Veitgen
SPIEGEL ONLINE Forum
muslimischen Ursprungs, der, wie man
weiß, am schlimmsten gegen die „religiö-
sen Brüder“ in „Abrahams Schoß“ wütet.
Kleinblittersdorf (Saarl.) Manfred Göppel
Alle Völker lehren
Nr. 52/2008, Titel: Abraham – Christen, Juden, Muslime:
Wem gehört der Urvater der Religionen?
Wenn Abraham nur einen Gott anbetete,
bedeutet dies noch lange nicht, dass er ein
Monotheist war, also die Existenz anderer
Götter abstritt. Selbst Jahwe, der Gott Ab-
rahams, Jakobs und Moses, hielt sich selber
keineswegs für einzigartig. Schon in den
Zehn Geboten heißt es: „Du sollt neben
mir keine anderen Götter haben.“ Und „Du
sollst dich nicht vor anderen Göttern nie-
derwerfen.“ Und warum nicht? „Denn ich,
dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott.“
Nichts von „Es gibt keinen Gott außer mir.“
Klosterneuburg (Österr.) Rolf Zimmermann
Weder Mose noch Abraham waren Hel-
den, sondern gehorsame Diener, die nicht
jedes Leben respektierten. Mose ließ, die
Zehn Gebote in den Händen, 3000 seiner
Landsleute, die vom Weg des Herrn abge-
wichen waren, erschlagen. Dass ein Vater
seinen Sohn aus Gründen des Gehorsams
oder des Glaubens schlachten soll, ist re-
gelrecht pervers. Da hilft auch keine In-
terpretation, und sei sie vom Philosophen
Kierkegaard. Weniger Gehorsamsbereit-
schaft für eine „höhere Ehre“ hätte viele
Kriege verhindert.
Weissenhorn (Bayern) Michael Joseph Scherm
Juden und Christen haben deutlich mehr
gemeinsam als den Glauben an den einen
Gott. Der Mythos von Abraham, der bereit
Leistung ist ohne Verzicht undenkbar
Nr. 51/2008, Institutionen:
Eltern kritisieren die harte Erziehung ihrer Kinder
im berühmten Leipziger Thomanerchor
Fakt ist, dass Abraham, ob historische Per-
son oder nicht, eine Gestalt der jüdischen
Tradition ist. Anders sieht es das Chris-
tentum auch nicht, selbst wenn Sie den
Apostel Paulus als Zeuge angeführen. Der
nämlich hatte es nicht darauf abgesehen,
Abraham zum Stammvater aller Christen
zu erheben, sondern die strittige Frage zu
klären, ob zum Glauben an Gott die Be-
schneidung notwendig sei. Wie jeder Jude
wird aber Jesus als Nachfahre Abrahams
und insoweit als Angehöriger des auser-
wählten Volkes anzusehen sein. Jesus wie-
derum öffnet den Glauben an Gott auch
für Nichtjuden.
Delitzsch (Sachsen)
Abraham mit Sohn Isaak*
Opferbereitschaft für eine höhere Ehre
Diese Eltern sind doch nicht gezwungen,
ihr Kind „in den Kasten“ zu schicken, und
sie sollten sich vielleicht mal überlegen,
welchen Druck sie erzeugen können, wenn
sie ihr Kind aus dem Internat nehmen oder
nur wieder singen lassen, wenn bestimmte
Bedingungen erfüllt sind.
Hamburg
ist, für den Bund mit Gott seinen Sohn zu
opfern, findet sich wieder im Kreuzestod
von Jesus. Was dem Vater Abraham und
seinem Sohn Isaak erspart blieb, nahmen
Gott und sein Sohn Jesus auf sich: Gott
opferte seinen Sohn. Ohne die Mythen des
Judentums hätte es das Christentum nie
gegeben. Dessen große geistige, philoso-
phische Leistung ist es, die auf ein Volk
bezogenen jüdischen Mythen zu abstra-
hieren, zu überhöhen. Dadurch war es den
Christen möglich, „alle Völker zu lehren“.
Berlin
Marina Meyer
Gernot Schmidt
Warum gibt es nicht eine Stellungnahme von
Thomanern, die ihre Chorzeit ohne Frustra-
tionen erlebt und sie als einen wesentlichen
Bestandteil ihrer Entwicklung verinnerlicht
haben? Und das sind bei weitem die meisten
Sänger, denn kein Thomaner wird gezwun-
gen, neun Jahre solche schlimmen Bedin-
gungen, wie sie dargestellt werden, zu er-
Gunnar Bluhm
Leider erreichen Sie mit Ihrem naiven
Idealismus immer nur jene, die solche
Dinge sowieso schon aus einer skeptischen
Distanz wahrnehmen, die Gläubigen sicher
nicht.
München
* Gemälde von Caravaggio, um 1600.
Karl Heinz Hoeck
Diskutieren Sie auf SPIEGEL ONLINE
• Titel Wie kommen die Deutschen 2009 durch die Wirt-
schaftskrise? www.spiegel.de/forum/Wirtschaftskrise
• Ethik Darf man Ungeborene abtreiben, die ein defektes
Krebsgen haben? www.spiegel.de/forum/Ethik
• Krankenversicherung Wer profitiert vom Gesundheits-
fonds – die Patienten oder die Bürokratie?
www.spiegel.de/forum/Gesundheitsfonds
Die sprichwörtliche „Opferbereitschaft“
Abrahams, sich bedingungslos dem gött-
lichen Willen beziehungsweise denen zu
unterwerfen, welche die Interpretations-
hoheit beanspruchen, was als „göttlicher
Wille“ zu gelten habe, macht ihn natürlich
auch zum „Stammvater“ des religiösen
Fanatismus jüdischen, christlichen oder
6
der spiegel
1/2009
52520596.013.png 52520596.014.png 52520596.015.png 52520596.016.png 52520596.017.png
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