Eisenbahn Journal 1995-10.pdf

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Inhalt
Editorial
Gerade ist der Sommer voi-ei, noch hängt Obst an den Bäumen,
auch die Weintrauben haben noch etwas Gnadenfrist. Doch mit
der Zeitumstellung ist bereits die Periode der langen dunklen
Abende eingeläutet, die Bastel- und Modellbahnzeit. Nicht von
ungefähr finden Sie daher in dieser Ausgabe des Eisenbahn-Jour-
nals schon die zweite Folge unserer diesjährigen "Weihnachtsan-
lage". Schließlich sollen Sie ja - fleißiges Nachbauen vorausgesetzt
- Ihre rollenden Weihnachtsgeschenke auf der komplett durchge-
stalteten Anlage einsetzen können.
Apropos Weihnachtsgeschenke: Manchem gelten ja Eisenbahn-
fans mit ihrem Faible für Dampfloks, Draisinen und Donnerbüch-
sen als hoffnungslos versponnen und den Anforderungen der
modernen Multimedia-Welt keinesfalls gewachsen. Solchen Fort-
schritt-Arroganzlingen können Sie jetzt ganz cool die Scheibe
zeigen. Nein, nicht die altbekannte weiß-rote des "vereinfachten
Schlußsignals" Zg4 der DB (bzw. Zg5 der DR), sondern die
brandneue silberschillernd-futuristisch durchgestylte CD-ROM
"Vom Adler zum ICE", die Sie jetzt beim Hermann Merker Verlag
kaufen können!
Sie brauchen die Scheibe nur in das CD-ROM-Laufwerk Ihres PC
zu schieben, und schon können Sie mit kurzen Maus-Klicks Eisen-
bahn-Informationen aus dem vollen schöpfen: jede Menge Wis-
senswertes aus der Geschichte der Eisenbahn in Bild und Ton,
Lokomotiv-Typendateien, in denen die Loks z.T. mit Farb- oder
Schwarzweißfilmen vorgestellt werden, Konstrukteurs-Biographi-
en, über 30 Minuten Kurzfilm-Porträts interessanter Fahrzeuge,
Dampflok-Sound, Strecken und Bauwerke, Adressenlisten von
Museumsbahnen und Vereinen und vieles andere mehr. Geballtes
Eisenbahn-Wissen, für das Sie bisher eine kleine Bibliothek benö-
tigt hätten, steht nun binnen Sekunden parat.
Das einzige, was Sie brauchen, ist ein PC mit 386er-, 486er- oder
Pentium-Prozessor, einer Taktfrequenz von 33 MHz, mindestens
4, besser 8 MB Arbeitsspeicher, CD-ROM-Laufwerk und Sound-
karte. Ihre Benutzeroberfläche sollte Windows3.1 sein - mit dem
neuen Windows 95 läuft die Super-Scheibe aber selbstverständlich
auch. Na, hören Sie schon die Weihnachtsglöckchen klingeln?
Tja, und was gibt's dieses Jahr zur November-Ausgabe? Nach den
letzten beiden Jahren können wir Sie doch dieses Jahr nicht ganz
leer ausgehen lassen, oder? Lassen Sie sich überraschen, auch
diesmal wartet etwas Besonderes auf unsere Leser - aber: Es ist
garantiert kein Video, und es ist diesmal garantiert für aile ganz
kostenlos, aber nicht wertlos! Sichern Sie sich also rechtzeitig Ihre
EJ-Ausgabe 11 /1995!
Wenn wir schon gedanklich Richtung Jahresende vorauseilen,
können wir auch gleich einen Blick in die zweite Hälfte des
Jahrzehnts werfen. Und da schaut's für unsere Modellbahnfreun-
de höchst rosig aus: Ab 1996 bekommen Sie nämlich ein Modell-
bahnheft mehr und dadurch ein erhebliches Plus an einschlägigen
Informationen. Statt drei Modellbahn-Ausgaben gibt es dann vier
- zusätzlich zu den gewohnten neun Normal-Journalen!Denn was
schon lange am Kochen war, hat durch die neue Vertriebsregelung
der Post den letzten Anstoß bekommen, und so wird im März
künftig eine extra Messe-Ausgabe erscheinen. Sie wird komplett
in Farbe gedruckt sein, des aus Nümberg zeigen und sagenhafte
14,50 Mark kosten.
Für die Modellbahnfreunde bedeutet dies noch mehr über Nürn-
berger Messeneuheiten, noch mehr Anlagenberichte, noch mehr
Tips & Tricks usw. Doch die "Vorbildler" profitieren ebenfalls
gewaltig: Auch im März wird es jetzt das übliche Quantum "ech-
te" Eisenbahn geben. Na, freuen Sie sich schon aufs neue Jahr? Wir
tun es.
Eisenbahn-Journal
Seit 100 Jahren in den Hintertaunu
Homburg - Usingen
InterRegio-Steuerwagen am Start:
»Schiebung« bis 200 kmih
20 Jahre Baureihe 181.2:
Die »Unscheinbare«
150 Jahre Eisenbahn in Württemberg
Ein Kraftprotz tritt ab
Ae 618 der Lötschbergbahn im Ruhestand
Reichsbahn-Impressionen
Das Bahnbetriebswerk Hagen Gbf
Vor 25 Jahren kam die endgültige Stillegung
Licht und Schatten
Regionalisierungsproblernati k am Beispiel
von Wieslauftalbahn und .Hofheimerle<<
6
12
14
20
24
30
32
38
Die BLS-Ae 618 im Modell
13. Eisenbahn-Modellbau-Tage in Luzern
66
Weihnachtsanlage
Ober-Trautenau (2. Teil)
70
Weinert macht's möglich: Harzer Rollbockverkehr in HOm
99 6102 & 6101 - die Rollbockloks
78
Die Modellbahn im Klappbett
Wie im Schlaf (5. Teil)
Kapelle in I
Selbstbau für ein Anlagen-Ambiente
80
84
Modellbahnmodul oder Vitrinenanlage?
86
Der Keilbahnhof Gasseldorf
Einmal Strolchsburg - Lumphausen und zurück 88
Feil 1)
122
Wieso von »Z« über »N« zu »HO«? 94
Entscheidend war das Zubehör-Angebot
Bahn-Notizen
Fachhändler-Adressen
Impressum
Bücherecke
50
51
Typenblatt: 61 001 der Deutschen Reichsbahn
55
Typenblatt: 61 002 der Deutschen Reichsbahn
61
Tips & Tricks
97
Anlagenbau: Aus Joop Bollands Nähkästchen
Schaufenster der Neuheiten
Mini-Markt
Bahn-Post
Sonderfahrten und Veranstaltungen
98
106
112
113
Titelbild: Hinter dieser gelungenen Kopfform verbirgt sich keine
neue Lok, auch kein neuer Triebwagen, sondern der erste der
20 neuen InterRegio-Steuewagen,die bis Ende 1995 im Werk
Halberstadt aus Am-, Bm- und ABm-Wagen entstehen. Die
ersten sieben Steuerköpfe kommen ab dem "kleinen Fahrplan-
Wechsel" am 24. September 1995 auf der IR-Linie26 Saarbrük-
ken - Lindau zum Einsatz (siehe Seite 12). Abb.: DB AG
3 - Eisenbahn-Journal10/1995
Ihre EJ-Redaktion
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Mit der Einstellung des Pers+
nenverkehrs auf der Solmstal-
bahn Grävenwiesbach - Albs-
hausen (- Wetzlar) am 31. Ma,
1985 verschwand die letzte
Möglichkeit einer Bahnfahrt
zwischen Main und Lahn über
den östlichen Taunus. Dadurch
waren die Stillegungsabsichten
der DB für das 29 km lange
Reststück der damaligen Ic
545 Friedrichsdorf - Usingc-- -
Grävenwiesbach aber nicht
beseitigt. Wäre da nicht die ICL-
einer Übernahme der Strecke
unter kommunaler Regie gewe-
sen, könnte man von einem
heute schienenfreien Hintertau-
nusgebiet ausgehen. Das
100jährige Bestehen der Eisen-
bahn Homburg v.d. Höhe -
Usingen hat uns zur Darstel-
lung des geschichtlichen Wer-
degangs dieser letzten Verbin-
I
dung in den Hintertaunus
veranlagt.
Bild 1: Der heutige
Alltag im Taunus:
NE-Triebwagen-
Zug der TSB bei
der Ausfahrt
aus Usingen im
Dezember 1993.
Abb.: G. Moses
Seit 100 Jahren in den Hintertaunus:
gen
Homburg
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D
urch die Strecken Frankfurt - So-
den (1845), Frankfurt - Homburg
(1860) und Frankfurt - Cronberg
(1874) war das Gebiet des Vor-
dertaunus bereits sehr gut durch die Bahn
erschlossen. Die vielen Besuche des zah-
lungskräftigen Publikums ließen dort
frühzeitig den Bahnbau zur Förderung des
Fremdenverkehrs lukrativ erscheinen. Dies
galt jedoch nicht für den ländlichen Hinter-
taunus. Hier stand das Argument eines
sich verbessernden Handels in Richtung
der Main-Metropole Frankfurt im Vorder-
grund.
dung der wichtigsten Orte, Wehrheim und
Anspach, das Usinger Becken durchläuft.
Neben einigen Über- und Unterführungen
war der Bau eines sechsbogigen Viadukts
bei Anspach erforderlich. Dieses wurde,
wie auch zwei kleine, dreibogige Viadukte
bei Hausen, mit Steinen aus der unmittel-
baren Umgebung errichtet, was der Vorga-
be des kostensparenden Baus sehr zu-
träglich war.
Der erste, etwas düritig ausgefallene Fahr-
plan sah täglich vier (montags fünf) Zug-
paare vor. Die einfache Fahrt 3. Klasse
von Usingen nach Homburg kostete da-
mals 1,OO Mark, eine Arbeiter-Wochenkar-
te 2,70 Mark. Zum Vergleich: Ein Mann
verdiente bei Erdarbeiten an der Trasse
zwischen 2,40 und 3,OO Mark am Tag!
Dennoch, die 65 Minuten dauernde und für
damalige Verhältnisse bequeme Fahrt
Planung und Bau
" ... Es ist unglaublich und schauderhaft,
was die armen Weber von Anspach, was
die Metzger und Viehhändler bei Sturm,
Schnee, Regen und Tauwetter ausstehen,
wenn sie ihre Ware zu den Fabrikanten
über die Homburger Höhe tragen und wenn
diese ihre Ochsen, Schweine und Kälber
über die Berge hetzen ..." Nichts könnte
die schwere Lage der Bevölkerung im Usin-
ger Land besser beschreiben als diese
Worte einer Petition aus dem Jahre 1871.
Doch die bahntechnische Erschließung
sollte noch weitere zwei Jahrzehnte auf
sich warten lassen. Die Gründe hierfür wa-
ren überwiegend die politischen Ereignis-
se jener Zeit, das Fehlen finanzieller Mittel
und zuletzt die Verzögerung durch die Fra-
ge nach dem vorrangigen Bau der Eisen-
bahnstrecke Homburg - Friedberg (1901).
Schließlich wurde Homburg - Usingen
doch bevorzugt behandelt, jedoch nur un-
ter den Gesichtspunkten einer Sekundär-
bahn konzipiert (Konzessionserteilungvom
10. Mai 1890; Preußische Gesetzessamm-
lung Jg. 1890, Nr. 19, Seite 90).
Die Trassenführung wurde so gewählt, daß
sie nach Überquerung des östlichen Tau-
nusausläufers durch das Köpperner Tal in
einem weit ausholenden Bogen mit Anbin-
Bild 2:
Bahnbau bei
Usingen unter
Einsatz eines
Feldbahnzugs
(um 1908).
Abb.:
Slg. Wagner
Inbetriebnahme
brachte eine ungemeine Erleichterung.
Durchlaufende Züge nach Frankfurt gab
es nicht, da der provisorisch errichtete
"Usinger Bahnhof" in Homburg kein direkt
durchgehendes Gleis in den alten "Frank-
furter Bahnhof" besaß. Reisende mußten
zum Umstieg zwischen beiden, rechtwink-
lig zueinander angeordneten Kopfbahnhö-
fen einen Fußmarsch von etwa 200 m auf
sich nehmen. Man sagt, daß ein Wirts-
haus, das damals genau zwischen den
beiden Bahnhöfen lag, einen enormen Auf-
schwung erlebte.
Dieser auch in betrieblicher Hinsicht auf-
wendige Umstand wurde 1907 durch den
Bau des neuen, südlicher gelegenen und
auf Wunsch Kaiser Wilhelms II. mit pracht-
Am 15. Oktober 1895 war es dann soweit.
Die so lang herbeigesehnte Bahn wurde
unter Einsatz eines mit Prominenz besetz-
ten Festzugs feierlich eröffnet. Im Usinger
Kreis-Blatt von jenem Dienstag heißt es:
Zum heutigen Tage!
Dem ersten Bahnzug!
Hurrah, gebaut ist die Bahn,
Die übern Taunus führet,
Nun hat der müde Wandersmann
Doch auch, was ihm gebühret,
Die Bergstraß' durch den Saalburgwald
Wird nun nicht mehr bestiegen,
Seitdem die Bahn durchs Land hin wallt,
Bleibt öd' sie seitwäfls liegen.
Bild 3:
Panorama-
Aufnahme des
"neuen"
Durchgangs-
bahnhofs von
Bad Homburg
kurz nach
seiner
Eröffnung im
Oktober 1907.
Abb.:
Slg. Ochs
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2
zu T 12-Zeiten die Reisezüge in Usingen
gekürzt.
Nur wenige Jahre später begann auch der
Einsatz der mehr Vorräte fassenden T 14
bzw. T 14’ (seit 1926 BR 935). Gemeinsam
mitdenTg3(BR9I3)unddenT12(BR744)
prägten sie über Jahrzehnte hinweg das
Bild der Zugförderung irn Hintertaunus. Aus
der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg ist be-
kannt, daß nachts stets drei Maschinen
der BR 935 im Usinger Lokschuppen unter
Dampf gehalten würden, zwei -davon auf
dem etwa 33 m langen, eine auf dem kür-
zeren Gleis.
Eine betriebliche Besonderheit nach dem
Krieg, kurz vor Gründung der Deutschen
Bundesbahn, stellte der erstmals am 20.
Juli 1949 verkehrende, zuschlagpflichtige
Akku-Eiltriebwagen der Bauart “Wittfeld”
(ETA 178) dar. Sein Umlauf brachte früh-
morgens erstmals eine beschleunigte
Bild 4: 1C h2-
Tenderlok der
Gattung T 12
(vermutlich 7705
Frankfurt) im
Jahre 191 5 in
Usingen.
Abb.:
Slg. Wagner
vollem Fürstenbau versehenen Durch-
gangsbahnhofs beseitigt.
Verkehr
Das Fehlen von Bodenschätzen wie Ei-
sen, Schiefer und Silbererze, die u.a. zum
Bau der Weiltalbahn Weilburg - Weilmün-
Ster (1891) - Laubuseschbach (1892) führ-
ten, ließen anfangs kein übermäßig hohes
Güteraufkommen erwarten. Der zunächst
mit den Personenzügen bewältigte Güter-
transport wurde allerdings so gut ange-
nommen, daß bereits 1896 ein eigener
Güterzug eingerichtet werden mu ßte. Auch
ein täglich laufendes fünftes Personenzug-
paar war vonnöten.
Zu Anfang des neuen Jahrhunderts be-
gann dann die Förderung von Quarzit in
dem Bruch oberhalb des Bahnhofs Saal-
burg. Der qualitativ hochwertige und all-
seits geschätzte Taunusquarzit ließ die Ab-
baustätte zur größten ihrer Art in Europa
heranwachsen, was der Bahn zu einer be-
trächtlichen Steigerung des Güterverkehrs
verhalf.
In den ersten Betriebsjahren bewältigten
C n2-Tenderloks der preußischen Gattung
Bild 5: Das an
der westlichen
Usinger Bahn-
hofsausfahrt neu
errichtete
Stellwerk Mitte
der 30er Jahre.
Abb.:
K. Amthor,
SIg. G. Moses
I’
T3 den Verkehr. Nach der Jahrhundert-
wende düriten diese dann mehr und mehr
durch die 1 C n2-Tenderloks der Gattung
T g3 ersetzt worden sein. Etwa um 191 0
kamen bereits die ersten 1 C-Heißdampf-
tenderloks (preuß. T 12), die im ganzen
umliegenden Raum eine große Rolle spiel-
ten, über den Taunus. Um Doppelbespan-
nungen über die seit 1909 weiterführende,
steiaunasreiche Strecke nach Grävenwies-
Durchgangsverbindung zwischen Weilburg
und Frankfurt über den östlichen Taunus-
kamm; abends folgte eine Fahrt in gegen-
läufiger Richtung.
Im Sommer 1953 wurde dann als Ersatz
ein nachmittäglicher Eilzug mit dem kurio-
sen Zuglauf Frankfurt - Grävenwiesbach -
Weilburg - Limburg - Altenkirchen - Au
(Sieg) - Köln eingerichtet. Die beschleu-
niate Verbinduna durch den Osttaunus am
Eisenbahn-Journal 10/1995 - 8
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Zgłoś jeśli naruszono regulamin