Eisenbahn Journal 1999-09.pdf

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Inhalt
Editorial
Vor über 150 Jahren setzten findige Köpfe bestehende Technc-Jgien zu
etwas Neuem zusammen und lösten so einen Entwicklungsschub bis
dahin unbekannter Dimension aus. Der Einsatz eines Energiewandlers
von Brennstoff in Bewegung auf einem hochbelastbaren eigenen Fahrweg
schuf eine mehrfach neue Dienstleistungsqualität: die hohe Transport-
und Reisegeschwindigkeit, die große Menge auf einmal transportierbarer
Güter und Personen, die geringen Transportkosten je Einheit machten die
Eisenbahn massenfahig; in der Folgezeit trat sie in Wechselwirkung mit
allen technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen, er-
möglichte Massenkriege und unsagbares Elend, aber auch einen steigen-
den Lebensstandard für weite Teile der Bevölkerung.
Vorausschauende Naturen erkannten die Potentiale, verfielen regelrecht
in Euphorie ob der enormen Möglichkeiten. Die Eisenbahn wurde zum
Spekulationsobjekt und harten Geschäft, zur Triebfeder der Industrialisie-
rung und dabei selbst zu immer höheren Leistungen getrieben.
Ihre Einführung löste Ängste aus, die irrationalen vielleicht am trefflich-
sten formuliert in den ärztlichen Bedenken ob einer Reisegeschwindigkeit
größer der einer Postkutsche. Berechtigt waren hingegen die Befürchtun-
gen der Fuhrunternehmer, die Brot und Arbeit gefährdet sahen. Es war
abzusehen, daß die Eisenbahn ganze Wirtschaftszweige vernichten wür-
de. Heute ist die Eisenbahn ein sicher auf den systemischen Grundlagen
der Pioniere beruhendes gewachsenes System, etabliert, zukunftsfahig.
Das Internet zeigt sich heute als ein Phänomen vergleichbarer Tragweite.
Wieder entsteht mit dem Zusammenführen vorhandener Technologien
(Computer, Elektronik, Telekommunikation) eine mehrfach neue Quali-
tät: noch nie konnte (fast) ein jeder (fast) jedem anderen, letztlich der
ganzen Welt, seine Meinung kundtun, noch nie war es (fast) jedem
möglich, mit solcher Geschwindigkeit zu solch geringen Kosten mit (fast)
jedem anderen individuell oder als Gruppe weltweit so umfassend (Audio,
Video, Text, Bild) in Kommunikation zu treten. Das Internet ist massen-
fähig.
Wieder finden wir Euphorie, Spekulation und Geschäftemacherei, wieder
gibt es Ängste, berechtigte wie unberechtigte. Wieder ist es eine Dienstlei-
stung, die den Kern der neuen Qualität ausmacht und wieder sterben ganze
Wirtschaftszweige. Wieder ist das Neue Triebfeder der Entwicklung und
wird zugleich von ihr getrieben. So wie der Massentransport in Form von
Eisenbahnen eine Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Agrar-
zur Industriegesellschafi war, so verbunden ist die wechselseitige Mas-
senkommunikation mit der Entwicklung zur Informationsgesellschaft.
Auch wir erleben eine mögliche Steigerung des Lebensstandards, entdek-
ken andererseits unsägliche Grausamkeiten, die durch das Neue an Zahl
rapide zunahmen oder erst möglich wurden, zum Beispiel Kinderporno-
graphie. Ein Unterschied fallt auf: Innovationszyklen, die bei den Eisen-
bahnpionieren noch in Jahren oder Jahrzehnten gemessen wurden, zählen
heute nach Monaten, bestenfalls Jahren. Zwar sorgt der allgemein höhere
Bildungsstand für schnelle Umsetzung und hohe Akzeptanz neuer Tech-
niken und Methoden, die wirtschaftlichen, technologischen und gesell-
schaftlichen Folgen treten aber so schnell ein, daß wir uns genauso hilflos
fühlen, wie es die Menschen in der Mitte des vorigen Jahrhunderts wohl
auch taten.
In einigen Jahren oder Jahrzehnten wird das Internet so selbstverständlich
zu unserem Leben gehören, wie heute die Eisenbahn. Vielleicht gibt es
dann Hobbyleute, die sich nostalgisch „der guten alten Zeit" erinnern und
versuchen, sich in ,,Modellen" und „Museumsstücken" die Faszination
vergangener Technologien zu bewahren.
Wir können nicht wissen, welch ungeahnte Implikationen technologi-
scher, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher Art das Internet mit sich bringt.
Wir haben aber die Chance, uns Kenntnisse der Potentiale zu verschaffen,
aufmerksam die unausweichlichen Veränderungen wahrzunehmen und,
wenn möglich, mitzugestalten. Deshalb nehmen wir uns dieses Themas an
und werden, beginnend mit dieser Ausgabe auf Seite 94, in loser Folge
Beiträge veröffentlichen, die eine füruns Eisenbahnfreunde sinnvolle An-
näherung ermöglichen.
Großer Modell-Bilderbogenzum Gründungsjubiläum:
75 Jahre DRG
Das EJ-Firmenportrait: Roco
Die österreichische Reihe 310 von Roco
Felix Austria
Anlagenbericht 1 :
Sommerausflug nach Hundling - der Zweite
Anlagenbericht 2: Amerikanische Waldbahn
Campus 4
Reichsbahn-Sachsenselbstgebaut
Der Reisezugwagen Cd (Sa21)
Anlagenbericht 3:
Hessische Impressionen
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40
50 Jahre EisenbahnfreundeBreisgau:
Auf Exkursion in Kirchberg
T 3-Umbau nach Vorbild der DR-Maschine 89 6207:
Traum-Dampfer
Serie ,,PreußischeImpressionen":
Der Güterschuppen von Hecklingen
Anlagenbau:
Endmodul mit Wasserfall
Leseranlage
Kompromisslos lang
Tips & Tricks: Waggon-Pediküre
Digitips:
Märklins-Digital-Meßwagen
Im Test: Steuersoftware Comboard von Märklin
Modellbahn im Internet:
World Wide Web
62
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Pubriken
„.in-Notizen
Neuheiten
Modellbahn-Notizen
Auto-Neuheiten
Mini-Markt
Fachhändler-Adressen
Impressum
Bahn-Post
Neue Bücher + CD-ROM
Sonderfahrten und Veranstaltungen
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Titel: Vor 75 Jahren, Ende August 1924, wurde die Deutsche
Reichsbahn-Gesellschaftgegründet. Zu ihren berühmtesten
Fahrzeugen gehörten die Schnelltriebwagen, hier ein SVT
137 von Liliput. Sie erzielten Fahrtzeiten, die teilweise erst
vom ICE unterboten wurden. Was sonst noch auf deutschen
Schienen dampfte, surrte und brummte zeigt der Beitrag ab
Seite 6. Abb.: H. Scholz, Anlage Kar1 Gebele
Tobias Pütz
Modellbahn-Journal III/1999 - 5
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i
Am 30. August 1924 -
also vor fast genau 75
Jahren - wurde die Deut-
sche Reichsbahn-Gesell-
Schaft gegründet. Mo-
dellbahner verbinden mit
ihr vor allem schwarz/
rote Einheits-Dampfloks
mit großen Windleitble-
chen, olivgrüne Perso-
nen- und braune Güter-
wagen. Doch die DRG
war weit mehr als dies.
Wir geben einen Über-
blick, welch buntes Pot-
pourri an Fahrzeugen in
den zwanziger und drei-
ßiger Jahren auf Deutsch-
lands Schienen lief, und
zeigen, was die Modell-
bahnindustrie diesbezüg-
lich zu bieten hat.
typischer Schnellzug der 30er Jahre in+
telgebirge. Die Lok der BR 39, der Post!
I der Oberlichtwagen sind Fleischmannd
delle, der BLS-Kurswagen stammt von
:0.
Zum Jahrestag: Die Züge der
zwanziger und dreißiger Jahre im Modell
Etwas Geschichte vorweg
Das Kürzel „DRG steht besonders bei
Modellbahnernheutegenerell für diedeut-
sche Staatsbahn im Zeitraum zwischen
1920 und 1949, also in der Epoche nach
dem Ende der Länderbahnen und der
Teilung zwischen Bundes- und (DDR-)
Reichsbahn. An dieserSichtweisestimmt
fast nichts: Weder das Gründungsdatum
noch das der Auflösung. Auch Staats-
bahn war die DRG nicht. Tatsächlich
bestanddieDeutscheReichsbahnals„Ge-
sellschaft" nur vom 30. August 1924 bis
6 . Modellbahn-JournalIIU1999
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wich 1941die bis dahin übliche Beschrif-
tung einer vereinfachten mit großem
,,DR". Allerdings: Selbst im militärisch-
strafforganisiertenNazireich erfolgtedie
Umzeichnung weder sofort noch voll-
ständig.Genauso liefenLokomotivenmit
Länderbahn-Anschriftenbis in die späten
zwanziger Jahre hinein.
Gut abgrenzen läßt sich die DRG-Zeit
auch durch charakteristische Fahrzeuge.
Pünktlich 1925traten die ersten Einheits-
loks ihren Dienst an: Die Vorausserie der
01 und 02. Das Ende markierten u.a. die
Serien-44er, die Baureihe 50 und die
zum 1. Januar 1936. Davor (seit dem
1. April 1920) gab es die ,,Deutschen
Reichseisenbahnen", danach (bis zum 6.
September 1949bzw. dem 31. Dezember
1993) die ,,Deutsche Reichsbahn". Sie
wurde ab Februar 1938 offiziell mit
,,DRB", danach mit ,,DR abgekürzt.
,,Gesellschaft", also privatwirtschaftlich
organisiertes Unternehmen statt Behör-
de, wurde die Deutsche Reichsbahn auf
Druck der Siegermächtedes Ersten Welt-
kriegs. Sie hatte als Sicherheit für die
Zahlung der im VersaillerVertrag festge-
legten Reparationenzu dienen. 1937hob
die Nazi-Regierung diese Bestimmung
aufund führte die DRG rückwirkend zum
Jahresanfang 1936 wieder als Behörde.
Optisch ist die eigentliche DRG-Zeit bei
den Triebfahrzeugen durch die Beschil-
derung nach dem (im wesentlichen bis
heute gültigen) Nummernplan von 1925
mit ,,runden,breiten" Messingzifferncha-
rakterisiert. Er war ab Februar 1926 ver-
bindlich. Die Zäsur von 1937 brachte
,,spitze" Aluziffern auf den Nummern-
schildern und ab November 1938 den
,,Pleitegeier" auf Loks und Reisezugwa-
gen anzubringen. Bei den Güterwagen
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Immer noch gut
gepflegt ist diese schon etwas
ältere 1S4mit Spitzführerhaus (Märkiin). Sie
läuft vor einem Eilzug, dessen Wagen (Fleischmann, Sachsen-
modeiie) zur DRGZeit noch keine geschlossenen Übergänge besaßen.
Stromlinienloks.Was danachkam, waren
vornehmlich ÜK- und Kriegsloks sowie
ab 1938 auch Fremdloks, vor allem öster-
reichische, tschechische und polnische.
Dominant waren indes immer noch die
Länderbahngattungen. Erst während des
Krieges änderte sich dies durch den Mas-
senbau von Loks der Bh 50 und 52.
DRG-Triebfahrzeuge in HO
Das Angebot derModellbahnindustrieist
hingegen anders gewichtet. Dampfloko-
motiven der Einheitsbauarten spielen in
den Katalogen eine wesentlich größere
Moderner Schnellzugverkehr Ende der
30er: Eine 03 (Fleischmann) begegnet der
damals stärksten Einrahmen-Eiiok der
Welt, einer E 19 (Märklin).
Schnellzuglok-Potpourri: eine 13’l von
SEM, daneben die Model-Loc0-19~,Rocos
17’*und 01, eine 18’ von Füvarossi und
Liliputs 183.
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