ImAusspionierenihrerBürgersinddieUSAweitvorn.pdf
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Ich ist ein
anderer
bei denen man ausschließlich mit Kredit
karte bezahlen kann. Dafür erhält man
eine persönliche Plastikkarte, die mit
einem Chip ausgestattet ist, der von ein
fachen Scannern gelesen werden kann
und der bereits in vielen Pässen und Waren
integriert ist. Bei jeder Fahrt erkennt der
neue Automat, wer, wann, wo und wie
lange die UBahn benutzt hat. So entste
hen Bewegungsproile, die im Datenzen
trum gespeichert und eventuell auch an
andere Firmen und staatliche Behörden
weitergegeben werden können.
Schleichend ist die elektronische
Beobachtung dank vieler kleiner Hilfs
mittel in den USAlltag getreten. Han
dys geben im angeschalteten Zustand
ihren Standort permanent an die Telefon
gesellschaften weiter, die nicht gerade um
sichtig mit den anvertrauten Daten ihrer
Kunden umgehen. Seth Schoen und seine
Kollegen von der EFF haben AT&T, den
mit über 110 Milliarden Dollar Jahres
umsatz größten Telefonkonzern der Welt,
verklagt, weil das Unternehmen zugelas
sen hatte, dass die USRegierung mithil
fe des Geheimdienstes National Security
Agency (NSA) die Telefonleitungen an
zapft. Ein AT&TMitarbeiter berichtete
der EFF sogar, dass die NSA eigens einen
geheimen Raum eingerichtet habe, durch
den der gesamte Telefon und EMail
Verkehr von San Francisco laufe.
Im Ausspionieren ihrer
Bürger sind die USA
weit vorn. Unterwegs
mit der »Electronic Frontier
Foundation«, die gegen
die Aulösung der
Privatsphäre kämpft
Text: Peter Kreysler
Ilustration: Thomas Armborst
Es ist eine seltsame Gruppe, die da zum
Sightseeing durch San Francisco aufbricht
und die sich weniger für die Golden Gate
Bridge oder das pyramidenförmige Trans
americaBuilding interessiert, sondern
nach dem Unsichtbaren Ausschau hält
– nach Sensoren, die versteckt im Alltag
vor sich hinarbeiten und Daten sammeln.
Wahrscheinlich seien in diesem Moment
bereits drei Videokameras auf uns gerich
tet, sagt Seth Schoen, der wie die anderen
zur Electronic Frontier Foundation (EFF)
gehört, einer kleinen, aber einlussreichen
Organisation, die den Schutz der Privat
sphäre von USBürgern verbessern will.
Denn im kommerziellen Bereich kennen
die USA nur einen kümmerlichen Daten
schutz: Computer und Telefone werden
kontrolliert, der Einkaufsbummel durch
die Stadt aufgezeichnet. Daher hat Seth
Schoen nicht mal mehr ein Handy.
Moderne Kommunikationsgeräte
wie Handys, Laptops und Navigations
systeme senden ständig Informationen
aus. So kann jeder USBürger mit der
entsprechenden Software im Internet den
Standort eines mit GPS ausgestatteten
Handys herausinden und dessen Bewe
gungen kontrollieren. Schön für besorgte
Eltern, die ihre Kids so in der Diskothek
orten.
Unten in der UBahn weist Seth Schoen
auf die neuen Fahrscheinautomaten hin,
rückwirkend von jeglichem Fehlverhal
ten freigesprochen und die Klage der EFF
abgewiesen. »In Zukunft« so fürchtet
Kevin Bankstone, der Rechtsanwalt der
Gruppe, »werden die Telefongesellschaf
ten noch unbedachter mit der Regierung
und den Behörden zusammenarbeiten.«
Nicht nur die Regierung, auch Privat
irmen haben zunehmend Interesse an
elektronischen Daten, um zu erfahren,
was die Menschen kaufen und wie sie le
ben. Der Handel mit der Identität der Ver
braucher ist eine BoomBranche. Einer der
größten kommerziellen Datenhändler der
Welt ist LexisNexis in Dayton, Ohio, des
sen Kunden Informationen blitzschnell
abfragen können – vor allem Rechtswis
sen und Daten aus der Wirtschaft, aber
auch Angaben über Privatpersonen. Folgt
man dem technischen Direktor, Allan D.
McLaughlin, durch etliche Sicherheits
schleusen, gelangt man in das Allerhei
ligste des Konzerns: das Datenzentrum.
Ein Dutzend geheimer
Datenräume im ganzen Land
San Francisco ist kein Einzelfall: Ein
Dutzend dieser geheimen Datenräume
soll es im ganzen Land geben, um Milli
onen von Telefonaten und EMails elek
tronisch zu speichern und abzuhören.
Vor ein paar Jahren war das noch illegal,
ein Gesetz schrieb für jede Maßnahme ei
nen Gerichtsbeschluss vor. Nach den Ter
roranschlägen vom 11. September 2001
wurden die Datenschutzgesetze Zug um
Zug abgeschafft, bis schließlich im Juli
2008 selbst die massenhafte Speicherung
privater Mails und Anrufe durch einen
Zusatz zum »Protect America Act« lega
lisiert wurde. So ist der Schutz vor mög
lichen Attentätern nun vor den Schutz
der Privatsphäre getreten. Die großen
Telefongesellschaften wurden sogar
38 — luter.de
zu einem gigantischen Wissensschatz:
1,5 Petabyte (also 1,5 Millionen Giga
byte) stünden zur Verfügung, erzählt
McLaughlin stolz. Aus dieser digitalen
Weltbücherei ließe sich vieles erfahren, es
sei nur eine Frage des Geldes.
Vor drei Jahren gelang es einigen
Hackern, die LexisNexisRechner mit
gestohlenen Passwörtern zu knacken und
über 30 000 Adressen und personenbezo
gene Daten zu stehlen, die den Betrügern
Zugang zu Bankkonten und Kreditkarten
ermöglichten. Ein ungeheurer Daten
diebstahl, der selbst den USamerikani
schen Kongress alarmierte. Verbessert
hat sich dadurch kaum etwas: Auch an
dere großen Datenkonzerne wie Axiom
oder Choicepoint geraten immer wieder
negativ in die Schlagzeilen, weil der Zu
gang zu sensiblen Privatinformationen
fast jedem offensteht. Um an die Daten
bank von Choicepoint zu kommen, reicht
es, einen Fragebogen auszufüllen und ein
sogenanntes »legitimiertes Geschäftsin
teresse« nachzuweisen. Für ein paar Be
trüger aus Los Angeles ein Kinderspiel:
Sie füllten den Fragebogen aus, gaben
»Schuldeneintreibung« als Gewerbe an
und erhielten ohne Probleme freien Zu
gang zum Rechenzentrum. Mithilfe einer
Internetverbindung luden sie die Daten
von rund 150 000 Bürgern herunter und
bestellten u. a. Kreditkarten.
Nicht nur Musik oder Computer
programme – auch Menschen werden
heute raubkopiert, wenn sie nicht ge
schützt sind. Laut einer Studie des FBI ist
Identitätsdiebstahl in den USA das Ver
brechen mit einer großen Wachstumsrate
– und es gibt sogar noch eine Steigerung:
das sogenannte IdentitätsKlonen: Dabei
übernimmt jemand komplett die Identität
einer Person und begeht unter deren Na
men Straftaten. Bronty Kelly ist genau
das passiert: Vor über zehn Jahren wurde
seine Brieftasche gestohlen, mit Führer
schein und Militärausweis, auf dem seine
Sozialversicherungsnummer stand. Von
den weitreichenden Konsequenzen merkte
er erst einmal nichts – bis er erfolglos ei
nen Job suchte, nachdem er seinen Mili
tärdienst in San Diego geleistet hatte.
Er iel bei jeder Bewerbung durch –
kein Wunder
Die Automatisierung hat die Gänge leer
gefegt, man sieht nur Computer, soweit
das Auge reicht. Die Daten, die Lexis
Nexis aus der ganzen Welt empfängt,
werden vollautomatisch von Maschinen
bearbeitet. Automatisierte Analysewerk
zeuge, die mit elektronischen Analogien
und Wörterbüchern arbeiten, versorgen
die computerisierten Datenspeicher und
Suchmaschinen mit den aufbereiteten
Informationen. Innerhalb von fünf Se
kunden haben die Kunden so Zugang
In den USA führen alle Arbeitgeber elek
tronische Backgroundchecks mithilfe
der großen Datenbanken durch. Mit ei
nem Mausklick und einer Internetverbin
dung zu einem der großen Datenhändler
liegt den Unternehmen so die gesamte
Lebens und Arbeitsbiograie offen. Da
die Arbeitgeber nicht verplichtet sind,
den Bewerbern mitzuteilen, warum sie
jemanden ablehnen, hatte Bronty Kelly
lange Zeit keine Ahnung, warum er stän
dig abgelehnt wurde. Erst die Recherchen
eines TVReporters brachten Klarheit.
»Auf meinen Namen waren etliche Haft
befehle ausgestellt. Kellys Datenklon hat
te sich kurzerhand bei jeder Verhaftung
mit einem Führerschein und einer Sozial
versicherungskarte ausgewiesen, die auf
Kellys Namen ausgestellt waren.
Aber auch mit einer neuen Sozial
versicherungsnummer iel Kelly seltsa
merweise bei jeder Bewerbung durch.
Diesmal stolperten die Computer darü
ber, dass Kelly keine Eintragungen über
Arbeit und Kreditkartennutzung hatte.
Dass ein 40Jähriger kaum Datenspuren
hinterlassen hatte, seine Konsumgewohn
heiten nicht erfasst waren. Von dieser
Spezies gibt es in den USA nur noch
wenige Exemplare: Die meisten davon
sind Exmaiosi, die sich im Zeugen
schutzprogramm beinden.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Amarillo, Texas, 1 p.m. – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
On the ROad, tag 4
Mein Rucksack ist weg. Ein Gepäckjunge sagte
mir, er sei auf dem Weg versehentlich ausgeladen
worden und werde jetzt für ein paar Dollar auf
einer Auktion im Hinterland verscherbelt. (Lies auf Seite 42:
Wie blöd Las Vegas ist)
Distanz bis zum Ziel: 1814 Kilometer
Letzte Nacht geschlafen: 2 Stunden
Gegessen: Steak beim Mexikaner
Andere Deutsche: 0
Besondere Vorkommnisse: 30 Dollar von einer betrunkenen
Frau geschenkt bekommen, die ich an Obdachlose
verschenken soll
THEMA: USA — 39
THEMA: USA — 39
Plik z chomika:
Vallstedt
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