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Michelle Raven
Ghostwalker
Tuolumne Rancheria, Kalifornien, 1965
Tenaya versuchte, sich gedanklich in eine an-
dere Welt zurückzuziehen, aber es gelang
ihm nicht. Wenn sich Howi einmal in seine
unbändige Wut hineingesteigert hatte, kon-
nte ihn nichts davon abhalten, seinen Sohn
mit Fäusten, einem Riemen oder Besenstiel
zu verprügeln. Deshalb biss sich Tenaya nur
auf die Lippe, als ihn ein weiterer Schlag traf,
und bemühte sich, die Schmerzenslaute zu
unterdrücken, die sich in seiner Kehle
stauten. Er schmeckte Blut und schloss die
Augen. Es gab keine Stelle an seinem Körper,
die ihm nicht wehtat.
Wut stieg in ihm auf, heiß und lodernd, und
verdrängte für einen Moment die Sch-
merzen. Noch nie im Leben hatte er einen
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solchen Hass verspürt wie gerade auf seinen
Vater. Wie konnte Howi seinem eigenen
Sohn so etwas antun? Und vor allem, wie
konnte Tenaya selbst es zulassen, immer
wieder so misshandelt zu werden, ohne sich
zu wehren? Inzwischen war er alt und vor al-
lem stark genug, um dem ein Ende zu bereit-
en. Bisher hatte er sich nur aus Rücksicht auf
seine Mutter zurückgehalten, die nichts von
den Misshandlungen wusste und ihren Mann
liebte, doch jetzt konnte er es nicht mehr
ertragen.
Er zuckte zusammen, als ihm ein brennender
Schmerz über den Rücken fuhr.
Beim nächsten Schlag drehte er sich um und
riss seinem Vater den Riemen aus der Hand.
Howi starrte ihn mit blutunterlaufenen Au-
gen an, sein Atem stank nach Alkohol. Es
dauerte einen Moment, bis er verstanden zu
haben schien, was passiert war. Sein Gesicht
lief noch dunkler an, seine schwarzen Augen
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verengten sich drohend. Seine Faust schoss
vor und traf seinen Sohn im Magen. Übelkeit
stieg in Tenaya empor.
Bevor er darüber nachdenken konnte, schlug
Tenaya zurück. Howis Kopf ruckte von der
Wucht zur Seite, und er geriet ins
Straucheln. Er fiel nach hinten und riss im
Fallen einen Stuhl mit. Schockiert von
seinem eigenen Handeln sah Tenaya bewe-
gungslos zu, während Howi sich mit rotem
Gesicht wieder auf die Beine kämpfte. Blut
lief ihm aus dem Mundwinkel, und er wis-
chte es mit dem Handrücken weg.
"Du glaubst also, du kannst es mit mir
aufnehmen, Junge? Du warst schon immer
ein Schwächling und wirst es auch immer
bleiben!"
Sofort stürzte sich sein Vater wieder auf ihn.
Tenaya
versuchte
auszuweichen,
aber
der
Tisch
hinter
ihm
hinderte
ihn
daran
und
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brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Diese
Gelegenheit nutzte Howi und packte Tenaya
bei den Haaren.
Schmerz zuckte ihm durch den Schädel, und
etwas in ihm zerbrach. Seine Hände
schossen vor und schlossen sich um die
Kehle seines Vaters. Er bemerkte gar nicht,
dass Howi sich wehrte und auf ihn einschlug.
Erst als die Gegenwehr seines Vaters immer
schwächer wurde, erkannte er, dass er dabei
war, ihn zu erwürgen.
Abrupt ließ er ihn los und trat zurück. Mit
weit aufgerissenen Augen verfolgte er, wie
Howi auf dem Tisch zusammensackte und
schwer nach Atem rang.
Was hatte er getan? Das Blut rauschte so laut
in seinen Ohren, dass er nichts mehr hören
konnte. Mit der Gewissheit, nicht besser zu
sein als sein Vater, kam der Selbsthass. Jeder
Atemzug, jede kleinste Bewegung schmerzte,
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