Der Spiegel 2010 08.pdf

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Der unglaubliche Guido
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DAS DEUTSCHE NACHRICHTENMAGAZIN
Papandreou, 57, ein Gespräch über die horrende Staatsverschuldung Griechen-
lands führten – und was die SPIEGEL-Redakteure Manfred Ertel, 59, und Mathieu
von Rohr, 32, vorigen Mittwoch in Athen erfuhren, kam einem Offenbarungseid
gleich: Das politische System seines Lan-
des fördere „Vetternwirtschaft und Geld-
verschwendung“, sagte Papandreou, es
gehe „ums Überleben“. Doch angesichts
der prekären Lage in Portugal, Irland,
Italien und Spanien geht es um weit
mehr. „Das Überleben des Euro steht
auf dem Spiel“, sagt SPIEGEL-Redak-
teur Christian Reiermann, 47, unter Be-
rufung auf ein internes Papier der deut-
schen Bankenaufsicht. Insbesondere un-
ter Hedgefonds, heißt es darin, fänden
sich „Vertreter, die auf ein Auseinanderbrechen des Euro-Raums setzen“. Wirtschafts-
ressortchef Armin Mahler, 55, beobachtet, „dass die Finanzbranche, die mit Staats-
geldern gerettet wurde, nun gegen ihre Retter spekuliert“ (Seiten 64, 90).
D er Tatverlauf taugt als Vorlage für einen Thriller: Agenten, die offenbar dem
Von Rohr, Ertel, Papandreou in Athen
israelischen Geheimdienst Mossad angehören, reisten nach Dubai, um dort
Mahmud al-Mabhuh, 49, zu ermorden, einen Chef-Waffenkäufer der radikalpalästi-
nensischen Hamas. Sie benutzten falsche Pässe, und die Vorbereitung der Tat wurde
minutiös von den Sicherheitskameras jenes Hotels dokumentiert, in dem Mabhuh
starb. Ein SPIEGEL-Team rekonstruiert das Attentat: Abu-Dhabi-Korrespondent
Alexander Smoltczyk, 51, inspizierte das Hotel und drang bis zu dem Zimmer vor,
in dem der Palästinenser getötet wurde. Bernhard Zand, 42, nutzte Kontakte zur
örtlichen Polizei, während Holger Stark, 39, den Spuren nachging, die der Mossad
in Deutschland hinterließ. Christoph Schult, 38, SPIEGEL-Korrespondent in Jeru-
salem, recherchierte die Hintergründe des Verbrechens in Israel (Seite 82).
„Dein SPIEGEL“ (3,40 Euro), dem neuen Nachrichten-Magazin für Kinder, den
Buddhismus – und erzählt, wie der elf Jahre alte Phou als Kindermönch in einem
Tempel in Laos lebt. Außerdem im Heft: Kinder leiden, weil Bücherhallen und
Schwimmbäder geschlossen werden. Und: Polizisten trainieren für Einsätze gegen
Amokläufer in Schulen. Zudem fragen Kin-
derreporter Nationaltorhüter Rene Adler,
25, warum er nicht Stürmer geworden ist.
Ebenfalls Dienstag kommt das neue SPIE-
GEL WISSEN mit dem Titel „Die Reise
ins Vergessen – Leben mit Demenz“ her-
aus (7,50 Euro). Es gibt Antworten auf
drängende Fragen: Welche Medikamente
nützen? Wer bezahlt die Pflege? Gibt es
Hoffnung auf Therapieerfolge?
Nutzer eines iPhone oder eines iPod Touch können den kompletten SPIEGEL
ab sofort bereits samstags von 22 Uhr an herunterladen. Eine Ausgabe kostet
während der Einführungsphase 2,99 Euro und danach 3,99 Euro.
Im Internet: www.spiegel.de
DER SPIEGEL 8/2010
3
Hausmitteilung
22. Februar 2010 Betr.: Euro, Mossad, „Dein SPIEGEL“, SPIEGEL WISSEN
S ie waren die ersten deutschen Journalisten, die mit Premierminister Georgios
I n seiner Titelgeschichte erklärt die am Dienstag erscheinende Ausgabe von
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In diesem Heft
Titel
Wie sich die Bundesregierung immer
weiter entzweit ................................................... 18
Kommentar: Die verlogene Hartz-IV-Kritik
des Guido Westerwelle ....................................... 22
Die Blockade Seite 18
Guido Westerwelles Attacke gegen
angeblich faule Hartz-IV-Empfän-
ger hat Bundeskanzlerin Angela
Merkel und fast die gesamte Union
empört. Nun gibt es Zweifel an sei-
ner Regierungsfähigkeit, aber auch
an ihrer. Er neigt zu verbalen Aus-
fällen und einer Radikalität, die
eher zu einem Oppositionspoliti-
ker passt. Sie schafft es nicht, ihre
Minister auf einen Korpsgeist ein-
zuschwören. Einer blockiert den
anderen, Stillstand droht. Nach
nicht einmal vier Monaten ist die
schwarz-gelbe Koalition zerrüttet.
Deutschland
Panorama: CDU verkauft Gesprächstermine mit
Landeschef Rüttgers / Bundesumweltminister will
Atomausstieg beschleunigen / Asylbewerber
haben Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen .......... 13
Staatsoberhaupt: Horst Köhler scheut den
Konflikt mit der Politik ....................................... 27
Affären: War der Einstieg der BayernLB bei der
Hypo Group Alpe Adria ein abgekartetes Spiel? ... 28
Die abenteuerlichen Geschäfte der Kärntner
auf dem Balkan .................................................. 31
Politiker: Die Entgleisungen der
Parlamentspräsidenten ....................................... 32
Unglücke: Gab es Pfusch auch beim
Düsseldorfer U-Bahn-Bau? ................................. 33
Verkehr: Ein Prüfbericht enthüllt Schlamperei
und Manipulation bei der Berliner S-Bahn ......... 34
Kriminalität: Eskaliert der Rockerkrieg zwischen
Bandidos und Hells Angels? ............................... 36
Verbände: Eine Studie schönt die braune
Vergangenheit vieler Vertriebenenfunktionäre ... 39
SPD: Die Genossen proben die Basisdemokratie ... 42
Westerwelle, Merkel
Fataler Deal Seite 28
Der dubiose Kauf einer Kärntner
Bank durch die BayernLB entwi-
ckelt sich zu einem der größten
Finanzskandale der vergangenen
Jahre. Die Staatsanwaltschaft er-
mittelt schon länger, nun befasst
sich auch ein Untersuchungsaus-
schuss des bayerischen Landtags
mit dem Fall. Beide wollen klären,
ob sich Insider an dem Geschäft
bereichert haben – auf Kosten des
Steuerzahlers.
Gesellschaft
Szene: Fußballrituale in Argentinien / Sozial-
arbeit mit Sexualstraftätern im Gefängnis .......... 44
Eine Meldung und ihre Geschichte –
18 philippinische Seeleute stranden im
deutschen Winter ................................................ 46
Gier: Die bayerische „Rentnergang“ steht wegen
Entführung ihres Anlageberaters vor Gericht ..... 48
Ortstermin: Warum eine Berliner
Gerichtsvollzieherin an ihrer Arbeit zerbrach .... 58
Kirche: Im Missbrauchsskandal fordert die
Bundesregierung lückenlose Aufklärung ............ 60
Wirtschaft
Trends: Bitburger macht in Kindermode / Handels-
kammer-Vorstände sollen Gehälter offenlegen /
Hat Adidas-Aufsichtsrat Steuern hinterzogen? .... 62
Währungen: Die Gefahr von Staatspleiten
mitten in Euroland wächst .................................. 64
Autoindustrie: SPIEGEL-Gespräch mit
BMW-Vorstandschef Norbert Reithofer über
den Imagewandel des Unternehmens,
Joschka Fischer als Berater und den Ausstieg
aus der Formel 1 ................................................. 70
Konzerne: Weshalb ein 16 Jahre alter Vertrag
die Lufthansa in die Bredouille bringt ................ 73
Finanzpolitik: Der IWF setzt auf die Inflation ..... 76
Gewerkschaften: Interview mit
Ver.di-Chef Frank Bsirske über die
gescheiterten Tarifverhandlungen ...................... 78
BayernLB
Die „Rentnergang“ vor Gericht Seite 48
Weil er nicht zahlte, entführten sie ihn in den Keller ihres bayerischen Eigenheims.
Der Anlageberater James Amburn wurde Opfer der „Rentnergang“, die jetzt in
Traunstein vor Gericht steht – und bisher wenig Unrechtsbewusstsein zeigt.
Das wilde Leben des deutschen Delon Seite 110
Er war einst der „deutsche Alain De-
lon“, arbeitete mit Rainer Werner
Fassbinder und Andy Warhol und hat-
te Affären mit Bianca Jagger und
Anna Karina. Seit 1977 lebt der Schau-
spieler und Produzent Ulli Lommel
in den USA und dreht Horrorfilme.
Im SPIEGEL spricht er über sein wil-
des Glamourleben und behauptet:
„Ich bin viel zu schüchtern.“
Ausland
Panorama: Pakistan orchestriert die Verhaftung
eines Taliban-Führers / Neuer Streit um die
Falkland-Inseln ................................................... 80
Dubai: Chronologie eines geplanten Mordes ....... 82
Kommentar: Die neue Arroganz der
aufstrebenden Weltmacht China ........................ 88
Griechenland: SPIEGEL-Gespräch mit
Premierminister Georgios Papandreou über die
Reformbemühungen seiner Regierung................. 90
Die Angst der Griechen vor dem Spar-Diktat
aus Europa .......................................................... 92
Polen: Die Hintergründe des Diebstahls
von Auschwitz .................................................... 94
Filmszene mit Lommel, Karina, 1976
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DER SPIEGEL 8/2010
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Religionen: Das Leid der Christen im Schatten
des politischen Islam .......................................... 96
Global Village: Wie Pekings Mr. Gay sich
eine Reise nach Oslo ertrotzte .......................... 100
Überwachungsvideo mit Mordopfer
Mabhuh (M.), Skyline von Dubai
Kultur
Szene: Joanna Newsoms kalifornisches Pop-
Meisterwerk / Unesco-Sekretär Dieter Offen-
häußer über das Aussterben der Sprachen ......... 103
Zeitgeschichte: Eine 80-jährige Berlinerin bricht
das Schweigen über erlittene Vergewaltigungen
am Ende des Zweiten Weltkriegs ...................... 106
Bestseller .......................................................... 109
Film: Schauspieler und Produzent Ulli Lommel
über sein Glamourleben und seine Mentoren
Rainer Werner Fassbinder und Andy Warhol ... 110
Literaturkritik: Don DeLillos Erzählung
„Der Omega-Punkt“ ......................................... 115
Debatte: Der Fall Hegemann und die
Authentizität der Literatur ................................ 116
Gezielte Tötung in Dubai Seite 82
Dutzende Überwachungskameras im Emirat Dubai hielten fest, wie sich ein
Agententeam auf den Mord an einem Waffenschieber der radikalislamischen
Hamas vorbereitet, alles deutet auf den israelischen Geheimdienst Mossad. Ber-
liner Politiker wollen wissen, warum einer der Killer einen deutschen Pass trug.
Wissenschaft · Technik
Prisma: Mittagsschlaf fördert das Gedächtnis /
Rotwein verhindert Sonnenbrand ..................... 118
Luftfahrt: Wie es zum Absturz von
Air France AF 447 kam ..................................... 120
Hirnforschung: Die Kraft der Gedanken – was
taugt die neue Spielzeugsensation aus Amerika? 124
Erfindungen: Öko-Haus aus Blech zum
Selberbauen ...................................................... 125
Tiere: Die US-Regierung lässt wilde
Mustangherden einfangen ................................. 126
Angriff auf den Euro Seiten 64, 90
Hedgefonds spekulieren gegen die europäische Gemeinschaftswährung, sie wetten
auf eine Pleite angeschlagener Defizit-Länder. „Es geht ums Überleben“, sagt der
griechische Premierminister Georgios Papandreou im SPIEGEL-Gespräch.
Medien
Trends: WAZ-Chef wettert gegen Gruner + Jahr /
Markwort macht Theater ................................... 129
Fernsehen: SPIEGEL-Gespräch mit ZDF-
Chefredakteur Nikolaus Brender
über die Macht der Parteien in den Sendern ..... 130
Die letzten Minuten
von AF 447 Seite 120
Knapp ein Jahr nach dem mysteriösen
Absturz von Air France AF 447 haben
Experten die letzten vier Minuten des
Unglücksflugs inzwischen genau rekon-
struiert. Die Passagiere bekamen offen-
bar kaum mit, wie ihre Maschine in
den Untergang flog.
Bergung des Seitenleitwerks
Sport
Szene: Wie drei deutsche Mountainbiker den
höchsten Vulkan der Welt bezwingen wollen /
Mehr Gehalt für Welthandballverbands-Präsident
Hassan Moustafa ............................................... 135
Olympia: Mission Gold – in Kanadas Eishockey-
Team spiegelt sich der ganze Stolz der Nation ... 136
Welche Chancen hat die Münchner
Olympiabewerbung für 2018? ........................... 140
Nach ihrem Abfahrtssieg gilt die US-Amerikanerin
Lindsey Vonn als das „Gesicht der Spiele“ ....... 143
Kanadas Sehnsucht nach Gold Seite 136
Das kanadische Eishockey-
Team ist das größte Ereignis
der Olympischen Winterspiele
in Vancouver, auf ihm ruhen
die Hoffnungen von 34 Mil-
lionen Kanadiern. Angeführt
von Superstar Sidney Crosby,
hat die Mannschaft einen na-
tionalen Auftrag: Gold zu ge-
winnen.
Briefe .................................................................... 8
Impressum, Leserservice .................................. 144
Register ............................................................ 146
Personalien ....................................................... 148
Hohlspiegel / Rückspiegel ................................. 150
Titelbild: Collage DER SPIEGEL; Fotos Visum, vision photos, IPON, Paul
Langrock, dpa (3), Interfoto (Filmplakat zu „Der unglaubliche Hulk“
UIP/Marvel Inc. 2008)
„Es geht mir nahe“
Interview mit der Schauspie-
lerin Sibel Kekilli über Mus-
lime und Ehrenmorde. Au-
ßerdem im KulturSPIEGEL:
Popstars suchen über Twitter
die Nähe der Fans; die Skan-
dalautorin Justine Lévy.
Kanadische Eishockey-Spieler
DER SPIEGEL 8/2010
5
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Briefe
„Wie paradox, wie schön! Nachdem die
römische Kirche ihre moralische Kompe-
tenz verspielt hat durch allzu weltliches
Bemühen um Machterhalt, füllt nun der
gar nicht spirituelle SPIEGEL das
Vakuum und erinnert an die ungeliebte
Existenz der Sünde inklusive der Konse-
quenz einer selbstbereiteten Hölle.“
Sünde ist ein antiquierter Begriff, dem ein
negatives Menschenbild zugrunde liegt.
Menschen werden niemals vollkommen
sein, sondern Fehler machen. Das ist aber
was anderes als Sünde. Deshalb sollte man
das Wort durch den positiven Begriff An-
stand ersetzen und lehren, dass man mit
unanständigem Verhalten anderen Schaden
zufügt und seine Selbstachtung beschädigt.
MUCH (NRDRH.-WESTF.)
TONI HÖCK
Matussek beschwört das Über-Ich, ver-
leugnend, dass nichts so manipulierbar
ist wie diese intrapsychische Instanz. Ent-
sprechend erscheint ihm die „besondere
Anlage der Kirche zur Sünde“ tragisch,
anstatt zu erkennen, dass jede Ideologie
den Missbrauch systemimmanent in sich
trägt. Der Fortschritt besteht in der Rück-
führung des Über-Ichs ins Ich: „Was du
nicht willst, das man dir tut, das füg auch
keinem andern zu.“ Matussek illustriert
eindrucksvoll die ungebrochene Macht
der Entfremdung des Menschen von sich
selbst durch Aberglauben.
NEU WULMSTORF (NIEDERS.) CHRISTEL PRZYBILLE
PSYCHOANALYTIKERIN
SPIEGEL-Titel 7/2010
Wolfgang Gravelmann aus Gaienhofen in Baden-Württemberg zum Titel
„Triumph der Sünde – Von Wollust, Habgier und anderen Versuchungen“
Entfremdung durch Aberglauben
Nr. 7/2010, Titel: Triumph der Sünde – Von Wollust,
Habgier und anderen Versuchungen
Jüngsten Gerichts all unseren Schmutz auf-
räumen und uns in sein Himmelreich auf-
nehmen wird, ist töricht. Paulus klärt uns
auf: „Denn der Lohn der Sünde ist der Tod,
die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben
in Christus Jesus.“ Am Ende der Tage gibt
es kein pauschales „Ticket to Heaven“.
HAMBURG
Matusseks Todsünden-Predigt: lässlich,
muffig, untauglich. Auch ohne theologi-
sche Letztbegründung ist dauerhaftes mo-
ralisches Handeln möglich – da reichen
die goldene Regel, Kants Imperativ oder
Adornos Minimalmoral allemal. Und das
der katholischen Sündenlehre unterlegte
Menschenbild hält einer Analyse im Lich-
te moderner Anthropologie einfach nicht
stand. Gegen religiösen Eifer und meta-
physische Zumutungen hilft nur der zi-
vilisatorische Weg: ethische Selbstertüch-
tigung statt Sündenangst.
BERLIN
KARSTEN PAGELS
DR. ERHARD SCHWANDT
Beichtstuhl in Polen, Gläubige
Religiöse Daumenschraube
Brauchen wir die religiöse Daumen-
schraube der Sünde, das Herrschaftsin-
strument der Religion als das ultimative
„Über-Über-Ich“, mit dem über das im
Menschen tiefverankerte moralische
Empfinden hinaus das reglementiert
wird, was im Diesseits körperliche Freude
bereitet? Gott behüte uns vor den Aske-
ten, den zornigen Priestern und Philoso-
phen! Sie sind für zu viele abartige mo-
ralische Verbiegungen verantwortlich.
HAMBURG PROF. DR. HANS-JÜRGEN STELLBRINK
Ausgezeichneter Journalismus, interes-
sant geschrieben, Geschichte und Tatsa-
chen verwoben. Herrlich. ... was habe ich
in meiner Kindheit als Katholikin gelitten.
LILIENTHAL (NIEDERS.)
Gerade aus Frauensicht möchte ich Ihre
Auslassungen zum (geplanten) Burka-Ver-
bot in Frankreich nicht unkommentiert las-
sen: „Da trifft ... die libertäre Eitelkeit auf
die organisierte Uneitelkeit, das System des
Narzissmus auf die Dogmatik der Unter-
werfung.“ Ich kann es beim besten Willen
nicht als „eitel“ oder „narzisstisch“ auffas-
sen, wenn sich Frauen mit unbedecktem
Haupt in der Öffentlichkeit bewegen wol-
len. Da haben Sie sich wohl ein wenig vom
literarischen Flow mitreißen lassen. Kurz
und gut: Sündenbewusstsein schützt vor
Sünde nicht, ebenso wenig wie die Andro-
hung von Strafe vor kriminellem Verhalten.
Das konstatieren Sie selbst. Warum betrau-
ern Sie einen unbrauchbaren Begriff?
KRANZBERG (BAYERN)
INGE REERS
Größter Lump im ganzen Land
Nr. 6/2010, Steuerbetrug: Dem deutschen Fiskus
wurden Bankdaten-Sätze angeboten
Die Titelgeschichte ist ein Meisterwerk
der Sprachkunst schwarz auf weiß, ein
Highlight an Lesevergnügen. Chapeau.
SCHWAIG (BAYERN)
ERICH STEGER
Mit dem Ankauf der Daten schaffen wir
einen Anreiz, in der Schweiz ein Verbre-
chen zu begehen, und belohnen ein bereits
begangenes. Wir machen jeden Schweizer
und jeden, der dort (legal) angelegt hat,
zum potentiellen Steuerbetrüger und be-
lohnen es, wenn Privatsphäre durch eine
kriminelle Handlung gebrochen und der
Schweizer Rechtsstaat ad acta gelegt wird.
BERLIN
Matusseks unsäglicher antiaufklärerischer
Essay kann und darf nicht unwiderspro-
chen bleiben. Ist ohne Gottesglauben
„dauerhaftes moralisches Handeln“ tat-
sächlich „nicht möglich“? Wenn dem so
wäre, müssten Atheisten wie ich im sta-
tistischen Mittel krimineller handeln als
Gottgläubige. Die Sittengesetze sind be-
stimmt nicht aus den Wolken gepurzelt,
sondern bildeten sich nach und nach in
menschlichen Kommunen heraus.
SANDHAUSEN (BAD.-WÜRTT.)
JENNY RADECK
MARTIN ROSENAUER
RUDOLF HENKE
Diskutieren Sie auf SPIEGEL ONLINE
Titel Ist Guido Westerwelles Kritik an Hartz IV
berechtigt? www.spiegel.de/forum/FDP
Sünde hat es immer gegeben, aber nie-
mals hat eine „Spaßgesellschaft“ wie die
unsere dieses Fehlverhalten auch noch
auf eine solch perverse Art und Weise ge-
feiert. Nur mit Ihrem Fazit kann ich nicht
übereinstimmen. Denn zu denken, dass
wir uns die Hölle lediglich hier auf Erden
selbst erzeugen und Gott am Tag des
EU Kann Griechenland seinen Staatshaushalt sanieren?
www.spiegel.de/forum/Griechenlandkrise
Literatur Durfte Helene Hegemann bei anderen
abschreiben? www.spiegel.de/forum/Hegemann
8
DER SPIEGEL 8/2010
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