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Sprachbar 2009_05_13 Flüssignahrung
Deutsch lernen und unterrichten – Arbeitsmaterialien
Sprachbar
Flüssignahrung
Waren Sie dieses Jahr schon im Freien ein Gläschen trinken – mit Freunden, in ei-
ner Weinlaube oder einem schönen Biergarten? Nein? Dann wird es aber höchste
Zeit!
Kaum ist die Sonne draußen und wärmt ein bisschen, schon werden Tische und Stühle
vor Kneipen und Straßencafes aufgestellt. Die Außengastronomie gewinnt wieder an
Fahrt, Sonnenschirme und Schiefertafeln mit der Aufschrift "Biergarten geöffnet!" zeugen
vom Beginn der wärmeren Jahreszeit. Das führt nicht nur zur luftigeren Kleidung, sondern
auch zu erhöhtem Bedarf an Flüssignahrung – denn jeder weiß: Je heißer der Tag, desto
durstiger die Kehle.
Trinken muss sein
Die warme Jahreszeit ist somit die Zeit der – zumeist – gekühlten Getränke im Freien. Na-
türlich werden auch die italienischen Heißgetränke Espresso oder Cappuccino und so wei-
ter gern genommen. Aber dann bitte zusammen mit einem Mineralwasser – gegen den
Durst, selbstverständlich.
Weshalb aber trinkt der Mensch? Weil er muss. Jawohl. Getränke sind nämlich flüssige
Lebensmittel, und davon sollte der Mensch täglich bis zu zwei Liter zu sich nehmen. Bier
zum Beispiel zählt in Deutschland immer noch zu den Lebensmitteln, mitunter wird es
deshalb auch flüssiges Brot genannt. Wer allerdings zwei Liter dieses flüssigen Brotes pro
Tag zu sich nimmt, der hat ein Problem.
Zischen oder schlürfen
Aber keine Angst, es geht hier nicht um Alkoholismus, sondern höchstens um alkoholische
Getränke – und natürlich um Durst. Der kann groß sein. Da muss man schnell ein Glas
Wasser in sich hineinschütten oder -stürzen. "Ein Bier zischen" heißt, es schnell trinken,
vielleicht sogar in einem Zug: "auf ex".
Genussvolles Trinken, wenn der ganz große Durst erst einmal gelöscht ist, verlangt nach
anderen Verben. Da wird schon mal geschlürft und in kleinen Schlückchen verkostet. Die
Weinkenner, oder solche die so tun als ob, rollen den Wein im Mund hin und her, wenden
den Blick zum Himmel und verblüffen ihre Mitmenschen mit den abenteuerlichsten Darbie-
tungen dessen, wozu die Gesichtsmuskulatur im Stande ist.
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Einen über den Durst
Das weit über seine schwäbischen Grenzen hinaus bekannte "Viertele", das ist ein Viertel-
liter Wein im "Vierteleglas", wird lediglich geschlotzt: langsam und mit Bedacht unter aner-
kennenden, genießerischen Grunzlauten zu sich genommen. Auch Cognac, Dessertweine
und die Kaffeegetränke werden eher bedächtig getrunken. Der berühmte Korn allerdings,
der Schnaps nach fettem, schwerem und vor allem reichhaltigem Essen, wird gekippt: in
einem Zug rein damit!
Seltsamerweise wird das Saufen, die maßlose Variante des Trinkens, erst mal den Tieren
unterstellt. Hunde, Katzen, Kühe, Pferde, Schweine; sie saufen; wobei kein Tier mehr
Flüssigkeit zu sich nimmt, als es wirklich braucht – im Gegensatz zum Menschen. Sich
einen ansaufen, sich volllaufen lassen, das vermeintlich sportliche Kampf- oder Komatrin-
ken sind Auswüchse, die mit Durststillen oder dem genießerischen Trinken nichts zu tun
haben.
Babbelwasser und Sorgenbrecher
Letzteres, und das keineswegs selten, findet zum Beispiel während des Oktoberfestes in
München oder während der unzähligen Weinfeste in der Pfalz statt. Da gehen wahlweise
die Maß oder der Schoppen (also der 1-Liter-Krug Bier oder das Glas Wein) reihum. Da
werden Weißwürste mit süßem Senf oder die "Worscht und der Weck" (das sind die Wurst
und das Brötchen) verspeist, eine Tradition, die in dem Dreiklang "Worscht, Weck unn
Woi" – sozusagen "Wurst, Brötchen und Wein" – seit Urzeiten ihren Namen hat.
"Wein löst die Zunge", sagt man; und nicht umsonst nennen die Hessen ihren "Ebbelwoi"
– den Apfelwein – auch Babbelwasser. Wo viel gebabbelt wird, da wird auch unter dem
Klingen der Gläser gesungen. Trinklieder gibt es unzählige. "Trink, trink, Brüderlein trink,
lass doch die Sorgen zu Haus …" ist eins der bekanntesten. Der Trank, der Wein, als Sor-
genbrecher, das ist die Verheißung – leider eine trügerische. Aber wenn man so im Freien
sitzt mit fröhlichen Trinkbrüdern, der Wein im Glase glänzt, da mag man irgendwann gerne
mitsingen: "Wenn das Wasser im Rhein goldner Wein wär', ja da möcht' ich so gern ein
Fischlein sein."
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Im fließenden Übergang
Der Mensch trinkt natürlich nicht nur, weil er muss – das wäre ja schlimm. Nein, er trinkt
auch, weil's ihm schmeckt und verbindet so das Angenehme mit dem Notwendigen: im
fließenden Übergang sozusagen.
Autor: Michael Utz
Redaktion: Shirin Kasraeian
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