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Sprachbar 2009_05_06 Von Zeit zu Zeit
Deutsch lernen und unterrichten – Arbeitsmaterialien
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Von Zeit zu Zeit
Man kann sie stehlen, verschwenden und sogar totschlagen, und sie rächt sich, in-
dem sie an uns nagt. Sie zu haben ist purer Luxus, vor allem in unserer schnelllebi-
gen Welt. Aber sie zu besitzen ist unmöglich.
Es ist an der Zeit, sich hier einer flüchtigen Materie zu widmen – einer Sache, die aus kei-
nem Stoff besteht, nicht zu greifen ist und dennoch große Bedeutung für uns alle besitzt.
Die Zeit vergeht Ungeduldigen zu langsam, den meisten Menschen jedoch zu schnell, weil
alle immer mehr aus der Zeit herausholen wollen, als in sie hineinpasst – typisch für unse-
re schnelllebige Zeit, in der sich Techniken und Gewohnheiten in einem atemberaubenden
Tempo ändern, und in der viele Menschen das Gefühl haben, dass ihnen die Zeit bestän-
dig davonläuft. Allerdings gibt es auch angenehme Momente, in denen die Zeit wie im Flu-
ge vergeht: zum Beispiel auf einer schönen Reise oder an einem Abend mit guten Freun-
den.
Die gute alte Zeit
Omas Zeiten sind längst vorbei, die guten alten Zeiten auch. Ohnehin haben die niemals
genau so existiert, wie viele behaupten. Im Rückblick hat es für fast alle Menschen etwas
gegeben, das in früheren Zeiten besser war als heute. Sonst könnte man ja nicht auf das
Heute schimpfen. Und das wäre ganz schlecht.
Immer wieder gibt es kluge, sensible und einfallsreiche Menschen, die ihrer Zeit weit vor-
aus sind und die längst erkannt haben, was die Uhr geschlagen hat – was also gesell-
schaftlich dringend von Nöten ist. Doch abgesehen von diesen Avantgardisten hinken vie-
le andere ihrer Zeit hinterher – vor allem die Ewiggestrigen, die starrköpfig an alten Ideo-
logien festhalten.
Gewinnen oder stehlen
Was kann man nicht alles mit der Zeit anstellen: Sie anderen Menschen stehlen zum Bei-
spiel, indem man diese mit unnötigen Fragen oder Bitten belästigt. Zeit schinden, das tun
jene, die sich von einer Verzögerung Vorteile versprechen. Die Zeit totschlagen ist gar
nicht so schlimm, wie es sich anhört. Niemand wird verletzt, nur die Langeweile wird ver-
jagt – womit, ist nicht so wichtig, es ist ja nur ein Zeitvertreib.
Die meisten Ausdrücke aber hat die Sprache parat, um Menschen zu beschreiben, die ihre
Zeit schlecht nutzen oder mit Sinnlosem verbringen. Die vertun, verschenken, vertrödeln,
verplempern oder vergeuden die Zeit.
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Kommt Zeit, kommt Rat
"Die Zeit heilt alle Wunden." Das stimmt zwar nicht immer, ist aber ein gängiges Sprich-
wort, mit dem man vor allem seelisch Verletzten Trost zuspricht und versichert: Irgend-
wann wird alles wieder gut!
Mit "Kommt Zeit, kommt Rat" empfiehlt man dagegen Eiligen Gelassenheit, genauso wie
mit dem Spruch "Alles braucht seine Zeit". Der hieß in früheren Jahrzehnten übrigens "Gut
Ding will Weile haben". Zu lange warten darf man allerdings auch nicht, denn wie heißt es
so treffend: "Wer nicht kommt zur rechten Zeit, der muss seh'n, was übrig bleibt."
Nicht verwechseln
Auch eine Unzeit gibt es, zum Beispiel, wenn man sonntagmorgens Freunde anruft, um
ihnen vom Ärger mit den Nachbarn zu berichten, die Freunde aber eigentlich noch schla-
fen wollen. Von einer Saure-Gurken-Zeit sprechen dagegen viele Ladenbesitzer, wenn die
Geschäfte schlecht laufen und der Umsatz schwach ist.
Nicht zu verwechseln sind Uhrzeit und Urzeit. Für die Uhrzeit mit "h" kann ein Wecker
nützlich sein, zum Beispiel, um nicht zu spät zur Arbeit zu kommen. Bei der Urzeit ohne
"h" dagegen helfen weder Wecker noch Ziffernblatt. Um diese Millionen und Milliarden
Jahre zurückliegende Zeit zu verstehen, muss man eher in kluge Bücher schauen, die ei-
nem die Erdentstehung, das Aussterben der Dinosaurier und die Entwicklung des Men-
schen erklären.
Zu jeder Zeit
"Ach du liebe Zeit!", ruft man bei unglaublichen Ereignissen. "Zeit ist Geld", betont der al-
les berechnende Händler. Und wenn ein Haus schon älter und herunterkommen ist, an
ihm also der Zahn der Zeit genagt hat, dann heißt es, das Haus habe auch schon bessere
Zeiten gesehen. Menschen kann das im Übrigen auch passieren. Sogar für den Tod hat
das Deutsche einen Spruch zur Verfügung: Wer von ihm ereilt wird, hat das Zeitliche ge-
segnet. Wir aber sind noch nicht so weit und haben noch alle Zeit der Welt. Schauen Sie
doch von Zeit zu Zeit wieder rein. Es lohnt sich, versprochen – und zwar zu jeder Zeit!
Autor: Günther Birkenstock
Redaktion: Shirin Kasraeian
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