Goodkind, Terry - Das Schwert der Wahrheit 04 - Der Palast des Propheten.pdf

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Der Palast des Propheten
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Der Palast des Propheten
Das Schwert der Wahrheit
Buch 4
Terry Goodkind
Scan: Sonnenbrille
1. Kapitel
»Du mußt mir den Arm abnehmen.«
Zedd zog den Ärmel ihres himmelblauen Samtgewandes den Arm hin-
unter und bedeckte damit die Wunde, die nicht verheilen wollte, und das
schwache grüne Leuchten ihrer Haut.
»Ich werde dir den Arm nicht abschneiden, Adie. Wie oft muß ich dir
das noch erklären?«
Er stellte die Lampe aus geschliffenem Glas auf einen Nachttisch mit
silbernen, zu einem Blumenmuster gearbeiteten Einlegearbeiten zurück,
gleich neben das Tablett mit braunem Brot und dem halbverspeisten
Lammtopf, überquerte gemächlichen Schritts den Teppich und teilte die
mit Stickereien verzierten Vorhänge mit einem seiner dünnen Finger. Ohne
etwas zu erkennen, linste er durch das reifüberzogene Fenster auf die
dunkle Straße hinaus. Der Schein des Feuers im Vorzimmer warf ein
warmes, schwaches Licht durch die offene Doppeltür. In Anbetracht der
Menschenmenge unten im Speisesaal war es in den Zimmern geradezu
still.
Obwohl es mitten im Winter war, oder vielleicht gerade deswegen,
herrschte im ›Bockshorn‹ reger Betrieb. Die Straße war bei diesem Schnee,
bei dieser Kälte kein Platz zum Schlafen, trotzdem konnte man den Handel
nicht einfach der Jahreszeit wegen einstellen. Kaufleute, Fahrer und
Reisende jeder Art füllten sowohl diesen als auch alle anderen Gasthöfe in
Penverro.
Er und Adie hatten Glück gehabt, eine Unterkunft zu finden. Vielleicht
war auch der Wirt der Glückliche. Glücklich deswegen, weil jemand des
Weges kam, der bereit war, den unverschämten Preis zu zahlen, den er für
seine besten Zimmer verlangte.
Das Geld bereitete Zedd jedoch keine Sorgen. Für einen Zauberer Erster
Ordnung war es ein leichtes, den geforderten Preis in Gold auf den Tisch
zu legen. Nein, Zedd hatte andere Sorgen. Die klaffende Wunde, dort, wo
der Skrin Adie mit seiner Kralle geritzt hatte, verheilte nicht. Sie wurde
eher immer schlimmer. Und es half nichts, die Wunde weiter mit Magie zu
behandeln. Magie war das Problem.
»Hör zu, alter Mann.« Adie stemmte sich im Bett auf einen Ellenbogen
hoch. »Es ist die einzige Möglichkeit, die Vergiftung aufzuhalten. Du hast
es versucht, und ich möchte deine Bemühungen nicht bekritteln. Aber
wenn wir das Gift nicht aufhalten, werde ich sterben. Was ist ein Arm,
verglichen mit meinem Leben? Wenn dir der Mut dazu fehlt, dann gib mir
ein Messer. Ich schaffe es auch allein.«
Er blickte finster über seine Schulter. »Daran, meine Liebe, habe ich
keinen Zweifel. Aber es wird nichts nützen, fürchte ich.«
»Wie meinst du das?« fragte sie krächzend.
Er zog ein kaltes Stück Lammfleisch aus der goldgeränderten Schale und
stopfte es sich in den Mund, bevor er sein aufwendiges Gewand ein Stück
weit hochzog und sich auf der Bettkante niederließ. Kauend griff er nach
ihrer gesunden Hand. Sie wirkte dünn und zerbrechlich, dabei war sie ihm
sonst eher wie aus Eisen vorgekommen.
»Adie, kennst du jemanden, der sich mit diesem Gift auskennt?«
Sie überhörte seine Frage. »Warum sagst du, daß es nichts nützen
wird?«
Zedd tätschelte ihre Hand. »Beantworte die Frage. Kennst du jemanden,
der vielleicht etwas darüber weiß?«
»Ich müßte ein wenig überlegen, aber ich glaube nicht, daß es jemanden
gibt, der noch lebt und der über ein solches Wissen verfügt. Du bist Zaube-
rer, wer sollte es besser wissen als du? Zauberer sind Heiler.« Sie zog die
Hand zurück. »Und was meinst du damit, es würde nichts nützen, den Arm
abzunehmen?« Einen Augenblick lang war sie still, dann weiteten sich ihre
Augen. »Soll das heißen, es ist bereits zu spät …?«
Zedd stand auf und wandte sich von ihr ab. Er stemmte eine Hand in
seine knochige Hüfte und wog die Möglichkeiten ab. Viel abzuwägen gab
es nicht.
»Denk nach, Adie, und tu es ohne Hast. Dies überfordert meine Kennt-
nisse, und die Lage ist ernst.«
Er hörte das Bett quietschen, als Adie sich in die Kissen zurücksinken
ließ. Sie stieß einen müden Seufzer aus.
»Dann bin ich so gut wie tot. Wenigstens ist meine Seele dann bei mei-
nem Pell – endlich. Du mußt sofort Weiterreisen. Vergeude nicht noch
mehr Zeit. Ich habe dich schon viel zu lange aufgehalten, viel zu viele
Tage in diesem Bett gelegen. Du mußt nach Aydindril. Bitte, Zedd, ich will
nicht für das verantwortlich sein, was geschieht, wenn du es nicht bis
Aydindril schaffst. Geh und hilf Richard und laß mich sterben.«
»Tu bitte, was ich sage, Adie, und denk nach. Wer wäre in der Lage, uns
zu helfen?«
Zu spät erkannte er, daß er einen Fehler begangen hatte. Er zuckte zu-
sammen und wartete auf das, was unweigerlich kommen mußte.
Wieder vernahm er das Quietschen der Sprungfedern. »Uns?«
»Ich meinte nur…«
Sie packte den Ärmel seines feinen Gewandes und zerrte Zedd herum.
Ihr Gesicht war bedrohlich ernst geworden. Mit einem kräftigen Ruck zog
sie ihn neben sich aufs Bett. Im Schein der Lampe wirkten ihre Augen eher
rosa als weiß, trotzdem konnte er das schwach grünliche Schimmern darin
erkennen.
»Uns?« wiederholte sie. Diesmal klang es wie ein knurriges Schnarren.
»Und du beschwerst dich über die kleinen Geheimnisse, die eine Magierin
für sich behalten möchte! Raus damit, oder ich werde dafür sorgen, daß es
dir leid tut, mich mitgeschleppt zu haben!«
Zedd gab einen müden Seufzer von sich. Es war schon in Ordnung so, er
hätte es ihr ohnehin nicht länger verheimlichen können. Er zog den dunk-
len Ärmel seines Gewandes hoch.
Die Haut seines Oberarms war dort, wo auch ihr Arm geritzt worden
war, mit undeutlichen, schwarze Flecken in der Größe von Goldmünzen
übersät und wies die gleiche schwach grünliche Verfärbung auf. Sie starrte
regungslos darauf.
»Zauberer benutzen die Magie ihres Einfühlungsvermögens, um Men-
schen zu heilen. Wir nehmen den Schmerz und die Essenz der Verstim-
mung, der Krankheit oder der Verletzung auf uns. Wir haben die Schmer-
zensprüfung bestanden, daher können wir in diesem Punkt, wie auch in
anderen, aushalten, was wir von einem anderen übernehmen. Wir benutzen
die Gabe dazu, uns selbst zu stärken und dem Betreffenden Kraft zu geben,
so daß die Magie das heilen kann, was krank ist. Die Harmonie in unserem
Innern gleicht die Disharmonie aus. Krankheit und Verletzungen sind
Irrwege, und die Magie stellt den Fluß der Kraft in einem Menschen
wieder her, so wie er sein soll.« Er streichelte ihre Hand. »In Grenzen
natürlich. Wir sind nicht die Hand der Schöpfung. Von ihr jedoch haben
wir die Gabe erhalten, die wir, falls erforderlich, benutzen können.«
»Aber … wieso ist dein Arm ebenso zugerichtet wie meiner?«
»Die eigentliche Übertragung der Krankheit oder Verletzung wird ver-
hindert. Nur der Schmerz und die Disharmonie werden übernommen,
damit wir Kraft, Heilung und Wohlbefinden an den, dem wir helfen,
weitergeben können.« Er faßte den Silberbrokat an seiner Manschette und
zog den Ärmel wieder über seinen Arm. »Irgendwie hat das Gift des Skrin
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