Grundgedanken der Unternehmensorganisation.pdf

(268 KB) Pobierz
Organisation Skript
- 1 -
Grundgedanken der Unternehmensorganisation
Elementare Konzepte und Methoden der unternehmerischen Organisation.
Mit Kerngedanken der Führungstheorie und vielen praktischen Tips.
Version 2.00 © Harry Zingel 1992-2002, EMail : HZingel@aol.com, Internet : http://www.zingel.de
Nur für Zwecke der Aus- und Fortbildung
Inhaltsübersicht
1. Was ist Organisation? ............................................................ 2
1.1. Grundlegende Definition ........................................................ 2
1.2. Haben oder Sein ..................................................................... 2
1.3. Die zwei Sichtweisen .............................................................. 2
1.4. Statik und Dynamik ............................................................... 2
2. Grundgedanken der Organisation ........................................... 3
2.1. Organisationsanlässe .............................................................. 3
2.1.1. Was organisatorische Maßnahmen auslöst ............................. 3
2.1.2. Ein Beispiel ............................................................................ 3
2.2. Kleine Systematisierung
organisatorischer Wandlungsprozesse .................................... 3
2.3. Widerstände ........................................................................... 4
2.3.1. Ursachen von Widerständen ................................................... 4
2.3.2. Abbau und Management von Widerständen ........................... 4
2.4. Grundlegende Methoden der Organisation ............................. 4
2.4.1. Prioritäten und Zielhamonie ................................................... 4
2.4.2. Der Teil und das Ganze .......................................................... 5
2.4.3. Das Problem mit Insellösungen .............................................. 5
2.4.4. Zweckmäßige Vorgehensweise ............................................... 5
2.4.5. Steuerung durch den Auftraggeber ......................................... 5
2.4.6. Normung, Typung, Baukastensysteme ................................... 6
3. Techniken der Systembildung ................................................ 6
3.1. Grundgedanken der Systembildung ........................................ 6
3.2. Die Aufgabenanalyse ............................................................. 6
3.2.1. Ziele der Aufgabenanalyse ..................................................... 6
3.2.2. Bestimmungselemente der Aufgabe ........................................ 6
3.2.3. Beispiele für Aufgabenanalysen ............................................. 7
3.2.4. Ein- und Mehrdimensionale Aufgabenanalysen ...................... 7
3.2.5. Das Aufgaben-Strukturblatt ................................................... 9
3.3. Die Aufgabensynthese ............................................................ 9
3.3.1. Ziele der Aufgabensynthese .................................................... 9
3.3.2. Das Funktionendiagramm .................................................... 11
3.3.2.1. Darstellungsform der Aufgaben ............................................ 11
3.3.2.2. Darstellungsform der Stellen ................................................ 11
3.3.2.3. Zuordnung der Aufgaben auf die Stellen .............................. 11
3.3.2.4. Die Auswertungen des Funktionendiagrammes .................... 12
4. Organigramme Organisationsmodelle .................................. 12
4.1. Arten von Stellen .................................................................. 12
4.2. Formale Organisationsmodelle ............................................. 13
4.2.1. Das Mehrliniensystem .......................................................... 13
4.2.2. Das Funktionenmeistersystem als Sonderfall ........................ 13
4.2.3. Das Einliniensystem ............................................................. 13
4.2.4. Das Stab-Liniensystem ......................................................... 14
4.2.5. Das Spartensystem ............................................................... 14
4.2.6. Die Produkt-Matrix .............................................................. 15
4.2.7. Die Absatzgebiet-Matrix ...................................................... 16
4.2.8. Das Modell der Teamvermaschung ...................................... 16
4.3.
Informelle Organisationsstrukturen ...................................... 17
5.
Kopiervorlage: Übersicht über die wichtigsten
betrieblichen Organisationsmodelle ...................................... 18
Ein Betrieb ist ein kybernetisches System zur optimalen Verwertung von Produktionsfaktoren. Die Produktivität ist
daher ein Oberziel der innerbetrieblichen Optimierungsmaßnahmen. Dieses kleine Werk befaßt sich mit der
Organisation des Produktionsfaktors Arbeit.
Organisation und Unternehmensführung aus der interkulturellen Perspektive
MERCEDES GEGEN DIE JAPANER
Es ist nicht überliefert, wer sich die nachfolgenden Zeilen ausgedacht hat (der Autor dieses Skriptes war es jedenfalls nicht).
Aber sie sollten in den Vorstandsetagen und Chefsesseln gründlich gelesen werden... meint der Autor des Skriptes und der CD!
Vor einiger Zeit verabredeten sich Mer-
cedes Benz und ein japanischer Konzern,
daß jedes Jahr ein Wettrudern über 1000
Meter mit einem Achter auf dem Rhein
ausgetragen werden solle. Beide Mann-
schaften trainierten nach innerbetriebli-
chen Vorausscheidungen lang und hart,
um ihre volle Leistungsfähigkeit zu errei-
chen. Als der große Tag des Wettkampfes
endlich da war, waren beide Mannschaf-
ten topfit.
Die Japaner gewannen klar mit einem
Vorsprung von 400 Metern.
Nach dieser Niederlage war das Merce-
des-Team sehr deprimiert und die Moral
war auf dem Tiefpunkt. Das obere Mana-
gement entschied, daß der Grund für
diese vernichtende Niederlage unbedingt
herausgefunden werden müsse. Ein Pro-
jektteam wurde eingesetzt, um das Pro-
blem zu untersuchen und Maßnahmen zu
empfehlen.
Steuerdirektor. Ein Leistungsbewertungs-
system wurde eingeführt, um dem Mann,
der rudern sollte, mehr Ansporn zu ge-
ben, sich noch mehr einzusetzen und ein
Leistungsträger zu werden.
„Wir müssen seinen Aufgabenbereich er-
weitern, um ihm mehr Verantwortung zu
geben. Damit sollte es gelingen!“
Im nächsten Jahr gewannen die Japaner
mit 800 Metern Vorsprung.
Die Untersuchung ergab: Das Problem
war, daß bei den Japanern 8 Leute ruder-
ten und einer steuerte, bei Mercedes hin-
gegen ruderte 1 Mann und 8 Leute steu-
erten.
Das obere Management engagierte sofort
eine Beraterfirma, um eine Studie über
die Struktur des Mercedes-Teams anfer-
tigen zu lassen. Nach Kosten in Millionen-
höhe und einigen Monaten Auswertung
kamen die Berater zu dem Schluß: es
steuern zu viele und rudern zu wenige
Leute.
Mercedes Benz entließ den Ruderer we-
gen schlechter Leistung, verkaufte die
Ruder und stoppte alle Investitionen in
neues Gerät und die Entwicklung des
Bootes. Der Beraterfirma wurde eine lo-
bende Anerkennung für ihre Arbeit aus-
gesprochen und das eingesparte Geld
wurde an das obere Management ausge-
schüttet...
Um einer Niederlage gegen die Japaner
im nächsten Jahr vorzubeugen, wurde die
Teamstruktur geändert. Es gab jetzt 4
Steuerleute, 3 Obersteuerleute und einen
© HZ
27605366.002.png
- 2 -
1. Was ist Organisation?
1.1. Grundlegende Definition
Organisation ist allgemein die Art und Weise, wie die
Teile eines Ganzen untereinander und zu diesem Ganzen
orientiert sind und zusammenwirken . Diese Definition ist
sehr allgemein . Im hier verwendeten Sinn hat Organisa-
tion etwas mit einer dauerhaft gültigen und oberziel-
konformen Ordnung sozio-technischer Systeme zu tun.
Hierbei betrachten wir den Betrieb als sozio-technisches
System, d.h.,
zielkonformen Systemgestaltung und sind damit Sonder-
fälle von Optimierungsaufgaben .
1.4. Statik und Dynamik
Die betriebliche Organisation kann weiterhin aus zwei
verschiedenen Blickwinkeln untersucht werden:
z Einerseits ist die Organisation die Art und Weise, wie
betriebliche Kommunikations- und damit Macht-
strukturen orientiert sind und zusammenwirken. Man
spricht in diesem Zusammenhang von Aufbauorga-
nisation . Die Aufbauorganisation ist statisch . Sie ent-
hält dauerhaft gültige Strukturen, insbesondere Insti-
tutionen . Die wichtigste Darstellungsformen ist das
Organigramm .
z Andererseits ist die Organisation aber auch die Art
und Weise, wie die Teile des tatsächlichen betriebli-
chen Arbeitsprozesses zeitlich orientiert sind und
zusammenwirken. Diese Form der Organisation heißt
auch Ablauforganisation . Die Ablauforganisation ist
dynamisch. Sie enthält dauerhaft gültige Reihenfolge-
und Zeitdaueranweisungen an die Mitglieder eines
sozialen Systems. Die wichtigsten Darstellungsformen
sind der Netzplan und das Gantt-Diagramm .
z technische Aspekte betreffen die verwendeten Sach-
mittel und
z soziale Aspekte betreffen die Mitarbeiter und Führungs-
kräfte.
Allgemein befindet sich der Organisationsbegriff damit
an der Bruchlinie zwischen technischen und sozialen
Systemen. Er umfaßt die Steuerung technischer Abläufe
ebenso wie das Zusammenwirken von Personen.
Wir werden uns in diesem Skript aber auf das Zusammen-
wirken von Menschen konzentrieren und die technischen
Aspekte vernachlässigen , denn hierzu findet der Leser an
anderer Stelle Inhalte auf der CD.
Die statische Organisation schafft dabei längere Zeit
dauernde Strukturen während die Ablauforganisation
kürzerfristig orientiert ist. Man kann verallgemeinern,
daß die Denkweise der Aufbauorganisation langfristig,
die der Ablauforganisation aber eher auf
z Improvisation , d.h., die Schaffung kurzfristiger Struk-
turen und
z Disposition , d.h., die Schaffung einmaliger Struktu-
ren
1.2. Haben oder Sein
Das unterscheidet die Organisationslehre von der Sozio-
logie: die Soziologen würden sagen, daß ein Betrieb eine
Organisation ist . Sie würden das soziale System und seine
Organisation gleichsetzen und die Beziehungen der Mit-
glieder der Organisation untereinander und relativ zur
Außenwelt untersuchen. Die Organisation wäre die „in-
Group“ deren Relation zur Umwelt als Konflikt (Konflikt-
theorie) oder als Interaktion (Prozeßparadigma) gesehen
werden würde.
Die Betriebswirtschaft hingegen würde sagen, daß das
Unternehmen eine Organisation hat . Der Betriebswirt
würde die Regeln und tatsächlich beobachteten innerbe-
trieblichen Abläufe als selbständiges Untersuchungsobjekt
auffassen und sich mit seiner oberzielkonformen Opti-
mierung befassen. Diese Sichtweise hat sich im Laufe der
Zeit verfestigt und bewährt. Organisationssysteme kön-
nen sogar selbständig und isoliert Untersuchungs-
gegenstand sein, etwa wenn es sich um Qualitäts-
managementsysteme nach ISO handelt.
ausgerichtet ist. Der diesbezügliche Dispositionsbegriff
unterscheidet sich also erheblich von dem gleichnamigen
Begriff der Material- und Lagerwirtschaft!
Stellt man diese beiden Sichtweisen gegeneinander, so
kann man zu einem kleinen Portfolio der organisatori-
schen Methoden und Techniken kommen:
Statik und Dynamik
Aufbauorganisation
Ablauforganisation
Führung und Manage-
ment bestehender
Abteilungen und
betrieblicher
Subsysteme
Durchführung und
Leitung von Projekten.
Steuerung der Auf-
gabendurchführung;
Termineinhaltung.
1.3. Die zwei Sichtweisen
Der Organisationsbegriff umfaßt aber zwei grundlegende
Perspektiven :
z Er besteht im dauerhaft gültigen Ordnen , also im
Strukturieren von Systemen. Das ist der tätigkeits-
bezogene Aspekt .
z Er besteht aber auch im Management , also der Leitung
der so zustandegekommenden Strukturen. Das ist die
institutionelle Sichtweise .
Diese beiden Sichtweisen rücken den Organisationsbegriff
in die Nähe des Managementbegriffes . Etwas vereinfa-
chend kann man sagen, daß organisatorische Abläufe
häufig Managementprozesse sind. Sie dienen der ober-
Strukturierung von
Organisationssystemen
durch Aufgabenanalyse
und Stellenbildung
Aufstellung von Netz-
und Balkenplänen.
Vorwärts- und
Rückwärtsterminierung
im Projekt.
Wir werden uns in diesem Zusammenhang im wesentli-
chen auf den aufbauorganisatorischen Aspekt beschrän-
© HZ
27605366.003.png
- 3 -
ken. Über Projektmanagement, also über Ablauf-
organisation findet der Leser auf der BWL CD ein selb-
ständiges Manuskript.
2. Grundgedanken der Organisation
2.1. Organisationsanlässe
2.1.1. Was organisatorische Maßnahmen aus-
löst
ware ausgemustert und ein neues System auf Basis einer
neuen Betriebssystemversion installiert, in die die Mitar-
beiter sich jedoch erst einarbeiten müssen.
Das sich hier offenbarende Problem ist in der Entschei-
dungstheorie ein Fuzzy Set . Daten unterschiedlichen
Skalierungsniveaus und unterschiedlicher Relevanz müs-
sen in sinnvoller Weise zusammengefügt und zu einem
Ganzen verarbeitet werden. Aufgabe der Organisation
wäre es damit, einander widerstrebende Interessen zu
harmonisieren und zu hierarchisieren , so daß insgesamt
ein oberzielkonformer Veränderungsprozeß herauskommt,
der dem Gesamtsystem (d.h., dem Unternehmen) einen
möglichst optimalen Nutzen vermittelt.
Allgemein kann man verschiedene Anlässe für Maßnah-
men der organisatorischen Veränderung identifizieren:
Einrichtung neuer Systeme : Sowohl technische Systeme
(neue Software, neue Maschinen) als auch soziale Syste-
me (neue Interaktion zwischen den Mitarbeitern) erfor-
dern oft Maßnahmen der Organisation. Man spricht in
diesem Zusammenhang oft von der Organisations-
entwicklung. Die Organisation entwickelt sich als Folge
oder in der Folge der Entwicklung äußerer Faktoren: die
Organisation bildet die Umwelt ab .
2.2. Kleine Systematisierung organisatorischer
Wandlungsprozesse
Allgemein lassen sich organisatorische Maßnahmen in
zwei grundlegende Kategorien teilen, wie das folgende
Beispiel zeigt:
Veränderte oder neue Ziele und Aufgaben : in diesem Fall
stellt sich die Organisation andere oder neue Ziele . Die
Organisation dient dann der Erreichung dieser Ziele. In
diesem Falle prägt die Organisation die Umwelt . Der Fall
ist das Gegenteil der vorstehend skizzierten Situation.
Der Geschäftsführer eines Hotels bemerkt im Rahmen
einer Auswertung von Beschwerden und anderen Kunden-
äußerungen, daß die Qualitätseinschätzung der Gäste
mit wachsender Aufenthaltsdauer sinkt. Je länger die
Gäste im Hotel bleiben, desto schlechter beurteilen sie
seinen Service. Aufgrund der mathematischen Auswer-
tung werden konkrete Beobachtungen angestellt. Dabei
kommt heraus, daß beispielsweise die Ausbildung der
Kellner im Restaurant erfolgt. Dabei lernen die Lehrlin-
ge, wie Tische einzudecken sind. Den Gästen wird so aber
ein Mahl mit vielen Gängen suggeriert. Als sie bemerken,
daß es nur einen einzigen Gang gibt, und die vielen
weiteren Teller und Gläser nur der Ausbildung dienten,
stehen sie frustriert bis verärgert auf. Die Geschäftsfüh-
rung schließt, daß eine grundsätzliche andere haltung
des Personals den Gästen gegenüber erforderlich ist.
Leidensdruck : Faulheit und Beharrungsvermögen lassen
die Mitglieder einer Organisationsstruktur oft lange Zeit
mit schlechten oder unangemessenen Strukturen leben.
Erst ein gewisser Leidensdruck erzwingt organisatori-
sche Veränderungen. Allgemein kann man sagen, daß ein
Mindestmaß an Leidensdruck die Widerstände gegen
Organisationsmaßnahmen am wirksamsten und am
schnellsten abbaut; umgekehrt funktionieren viele Maß-
nahmen ohne Leidensdruck nicht.
2.1.2. Ein Beispiel
Die Fakturierung wird über ein Datenbanksystem abge-
wickelt, das vom Anwender weiterentwickelt und indivi-
duellen Bedürfnissen angepaßt werden kann. Zur Förde-
rung des Absatzes ändert die Vertriebsabteilung Preis-
staffeln und Zahlungsziele. Gleichzeitig fordert die
Hauptbuchhaltung Änderungen im angekoppelten Mahn-
wesen. Um schnell die erwünschte Marktwirkung zu erzie-
len, muß man die Änderungen einarbeiten, oder es wird
erst verkauft und später fakturiert. Da die Liquidität des
Unternehmens sehr angespannt ist (wo wäre das zur Zeit
auch anders?), fordert die Buchhaltung als erstes, das
Mahnwesen zu verbessern. Außerdem wünscht der Ver-
kaufsleiter zur Verkaufsförderung statistische Auswer-
tungen aus den Fakturen der letzten 6 Monate, die als
Berichte programmiert von einem neu eingestellten Mit-
arbeiter werden sollen. Zudem wird derzeit alte Hard-
Die im vorstehenden Kapitel demonstrierte Situation
betrifft die Interaktion mit Sachmitteln . Organisatorische
Maßnahmen dienen der Organisation der Interaktion
zwischen Menschen und Maschinen. Diese Arten organi-
satorischer Maßnahmen sind in aller Regel relativ leicht
durchzuführen und bedingen kaum Widerstände. Im vor-
stehenden Beispiel ist jedoch ein grundsätzliches Pro-
blem gegeben: Die Mitarbeiter müssen lernen, daß dem
Gast nichts „vorgespielt“ werden darf. Sie müssen daher
nicht nur die Ausbildung in einen Bereich oder eine Zeit
verlegen, wo Gäste nicht zugegen sind ( Sachinteraktion ),
sondern ein grundlegend neues Qualitätsverständnis ent-
wickeln. Sie müssen sich also sich selbst (und nicht nur
ihre Arbeitsweise) ändern. Das ist tiefgreifender und
schwerer und bedingt zumeist viel größere Widerstände .
Kleine Systematisierung organisatorischer Wandlungsprozesse
Kognitivpol
Änderung von Arbeitsmethoden oder Abläufen
relativ einfach und schnell durchzusetzen
Emotionalpol
Änderung von Belohnungs- und Bedürfnisstrukturen
relativ schwierig und langsam durchzusetzen
© HZ
27605366.004.png
- 4 -
2.3. Widerstände
2.3.1. Ursachen von Widerständen
Während die Notwendigkeit der Einrichtung neuer orga-
nisatorischer Strukturen nur selten bestritten wird, treten
bei Änderungen bestehender Strukturen oft viel erhebli-
chere Widerstände auf. Ursachen hierfür sind:
Die Vision muß von oben kommen („top-down“), die
Durchführung aber stets von unten („bottom-up“). Ge-
lingt es der obersten Leitung nicht, ihre Vision nach unten
hin zu kommunizieren, dann wird die Umsetzung
mindestens halbherzig sein oder ganz scheitern .
Die konkreten Methoden sind dabei stets kulturspezifische
Konstanten und gelten in anderen Ländern und bei Mit-
arbeitern, die zu anderen Kulturen gehören, nicht oder in
veränderter Form. Mit fortschreitender Globalisierung ist
es daher immer wichtiger, die Kulturkonstante zu berück-
sichtigen. Das vorliegende Skript bezieht sich im wesent-
lichen nur auf mitteleuropäische Verhältnisse.
z Allgemeine Angst vor Neuem,
z Kränkung von „Privilegienträgern“,
z Tatsächlicher oder befürchteter Verlust von Privile-
gien,
z Mangelnde Rücksicht auf informelle Strukturen,
z Begrenzte Fähigkeit, eigene Fehler zu sehen,
z Mangelnde Bereitschaft zur Kritik, insbesondere
Selbstkritik
z unverdaute frühere Änderungsprozesse
2.3.2. Abbau und Management von Wider-
ständen
Folgende Maßnahmen haben sich zum Umgehen mit
Widerständen bewährt:
2.4. Grundlegende Methoden der Organisati-
on
2.4.1. Prioritäten und Zielhamonie
Der Organisator muß Prioritäten setzen und eine Ziel-
hierarchie besitzen. Er sollte sich vor jeder Maßnahme
folgende Fragen stellen:
wozu
...wird eine Aufgabe gestellt? Was ist das
der jeweiligen Aufgabe zugeordnete Ober-
ziel? Welcher Bedarf liegt zugrunde?
z Vorbehaltlose Information : Offenheit gegenüber den
Betroffenen, deren Vorgesetzten, innerbetrieblichen
Interessenvertretern (Gewerkschaften, Betriebsrat)
oder externen Interessenten (Investoren) verhindert
die Bildung von Verschwörungstheorien.
z Beteiligung von Betroffenen : Auf diese Art werden
Betroffene zu Gestaltern des Prozesses und opponie-
ren weniger.
wer
...ist Bedarfsträger, d.h., artikuliert ein Be-
dürfnis und stattet dieses mit Kaufkraft aus?
was
...ist die gewünschte Wirkung, d.h., minde-
stens in Zielneutralität mit dem Unter-
nehmensziel?
wann
...tritt das Bedürfnis erkennbar auf, d.h.,
muß eine Nachfrage bedient werden?
z Integration Betroffener in Projektgruppen : Diese
Methode dient dazu, Gegner eines Organisations-
projektes „umzudrehen“. Sie fühlen sich nunmehr als
externe Organisatoren eher als als machtlose Betrof-
fene.
z Aufbau von Selbstverantwortung : Hierdurch soll Be-
troffenen das Gefühl vermittelt werden, nicht Gegen-
stand fremder Interessen zu sein, sondern selbst eige-
ne Interessen artikulieren zu können.
wo
...tritt das Bedürfnis auf, d.h., an welchem
Ort muß die Nachfrage bedient werden?
womit
...wird das am Markt artikulierte Bedürfnis
bisher befriedigt, d.h., gegen wen oder was
muß Konkurrenz gemacht werden?
wie
...wird das am Markt vorhandene Bedürfnis
bisher befriedigt, d.h., was für ein Wettbe-
werbsvorteil kann z.B. in einer neuen Tech-
nik liegen?
z Begrenzung von Zahl und Häufigkeit organisatori-
scher Änderungen : Der Gesamtwiderstand gegen eine
Vielzahl gleichzeitiger fundamentalkritischer Änder-
ungsprozesse ist oft viel kleiner als die Summe der
Angriffe und Sabotageversuche gegen eine Folge klei-
nerer Änderungen. Zudem bietet dies die Chance der
grundlegenden Fundamentalreform anstatt der Detail-
kritik und des „Herumwurstelns“.
warum
...wurde das Bedürfnis bisher nicht erkannt
oder nicht befriedigt oder eine neue Tecnik
nicht eingesetzt?
wohin
...gehen unterliegende Trends und was für
relevante zukünftige Entwicklungen sind zu
erwarten?
z Aussonderung von „Störern “: Dieser Schritt will in
aller Regel wohlüberlegt sein, denn er birgt die Ge-
fahr, „Märtyrer“ zu schaffen, was den ganzen Wand-
lungsprozeß in Gefahr bringen kann.
Zahl und Intensität organisatorischer Maßnahmen sollte
generell auf ein vertretbares Maß reduziert werden, sobei
was vertretbar ist von der Organisation sowohl als auch
von den Organisierten abhängt. Umfangreiche Informa-
tionen, eine gut vorbereitete Einführung und hochrangige
Auftraggeber helfen oft aber nicht immer, Widerstände
abzubauen.
Dabei treten oft folgende Probleme auf:
z Der Status des Anfordernden ist unterschiedlich. Rang-
höhere oder sehr angesehene Auftraggeber haben aber
bessere Chancen, sich durchzusetzen.
z Auftraggeber haben auch unabhängig von ihrem Sta-
tus unterschiedliches Durchsetzungsvermögen . Je
kompetenter sie auftreten, desto größer sind aber ihre
Erfolgschancen.
z Der beauftragte Mitarbeiter hat u.U. unterschiedliche
Präferenzen . Er wird ihm vertraute oder perfekt be-
© HZ
27605366.005.png
- 5 -
herrschte Aufgaben eher annehmen als solche, die er
als schwer empfindet. Er wird Aufgaben, in denen er
eine Gefahr für seine Privilegien sieht, entweder gar
nicht annehmen oder sabotieren .
z Unterschiedliche Sichtweisen zwischen Auftraggeber
und Aufgabenträger führen oft zu Kommunikations-
problemen. Beispielsweise steckt in einem „ich kann
nicht!“ oft ein „ich will nicht!“.
Folgendermaßen könnte ein konsistentes Zielsystem aus-
sehen:
besonders bei nichtkonsistenter Einführung oder Ent-
wicklung von elektronischen Techniken verbreitet, wenn
verschiedene Abteilungen auf unterschiedliche Systeme
oder Dateiformate setzen. Insellösungen können auch ein
Indiz für mangelnde Kompetenz des Auftraggebers sein,
der möglicherweise nicht in der Lage war, die entstehen-
den Probleme und Detailsfragen vorher zu überblicken
und die jeweils relevanten Kompetenzen zuvor schlüssig
zuzuweisen. Bei jeder Erarbeitung einer Teillösung sollte
daher das Ganze im Blick bleiben, so daß stets die
Kompatibilität und Konsistenz der Teile gewahrt bleibt.
2.4.4. Zweckmäßige Vorgehensweise
Die richtige Herangehensweise ist oft mehr als die halbe
Miete eines Problemes. Besonders Programmierer und
Techniker wissen, daß es viel wert ist, sich vorher lange
geistig mit einem Problem auseinanderzusetzen, weil
man nach vollständiger und tiefgehender geistiger Durch-
dringung des Sachverhaltes zumeist in einem Bruchteil
der Zeit eine bessere Lösung findet als wenn man wichtige
Aspekte oder Detailprobleme bei der grundlegenden Lö-
sung außer Acht läßt, so daß nachher noch zahlreiche
Nachbesserungen erforderlich werden. Der alte Sportler-
grundsatz „Never change a winning team“ sagt auch, daß
man erst ein „winning team“ haben muß, also eine
Lösung, die die Produkte der Konkurrenz übertrifft.
Beispiel für eine Zielhierarchie
Zielebene Rang
Ziel
Strategi-
sches
Oberziel
Gesam-
tes
Unterneh-
men
„Steigerung des Unternehmens-
gewinnes um 10% in 1 Jahr und
Optimierung der Eigenkapitalren-
tabilität auf 15%“.
Bereichsziel z.B.
Personal-
wesen
„Reduzierung der unproduktiven
Lohnkosten auf unter 25% der
Bruttolohnkosten binnen 1 Jahr“.
Abteilungs-
ziel
z.B.
Personal-
planung
„Abbau von 10% der Stellen durch
Einführung einer neuen Aufbauorga-
nisation innerhalb 1 Jahr“.
Teilziel
z.B.
Sach-
bearbeiter
„Aufstellung einer neuen Detail-
planung für die Abteilung XY mit
15% weniger Lohn innerhalb von 6
Monaten“
Hierzu ist oft eine Untersuchung des Ist-Zustandes erfor-
derlich, die nicht die Phänomene des aktuellen Zustandes
begutachtet, sondern die diesen zugrundeliegenden ver-
borgenen Strömungen. Seit Sedlmayr („Verlust der Mit-
te“) ist die morphologische Analyse, die dieser zu einer
hohen Kunst entwickelte, ein Standardanalysewerkzeug.
So kann beispielsweise eine detaillierte Marktanalyse
zeigen, wer Käufer bei einem Möbelmarkt ist, aber erst
eine Verständnis der Mentalität und Denkweise des Käu-
fers offenbart, daß dieser Urlaubstage für einen Einkauf
opfern muß und daher vor sich selbst einen Gesichtsver-
lust erleidet, wenn er nicht das Gesuchte findet - was
bedeutet, daß er ähnliche Wünsche befriedigen wird,
wenn der eigentliche Wunsch nicht befriedigt werden
kann, anstatt das Geld ins Sparschwein zurückzustecken.
Das begründet, daß der Konkurrent des Möbelhauses der
Autohändler und der Reiseveranstalter sind, gegen die
sich also die Marketingmaßnahmen richten müssen - und
nicht gegen den anderen Möbelanbieter.
2.4.2. Der Teil und das Ganze
Jeder Teil der Organisationsmaßnahme muß oberziel-
konform sein, also die strategischen und taktischen Ziele
des Unternehmens reflektieren und befördern . Das Gan-
ze muß in jedem Teil abgebildet sein.
Es darf daher nie aus den Augen verloren werden, was mit
einer Maßnahme bezweckt wird. Da in den Details aber
weniger Konkurrenz lauert und mehr Chance zu Pro-
filierungen zu finden ist als im Ganzen, neigen viele
Beteiligte dazu, sich in Details zu verlieren, „vom Hun-
dertsten ins Tausendste zu kommen“. Die Verhaltenswei-
se wurde schon 1959 von Charles Lindblom als „ Muddling
Trhough “ („ Durchwursteln “) beschrieben und ist typisch
für die Politik , wo fundamentalkritisches Verhalten einen
Entscheidungsträger eher in die Gefahr der Abwahl bringt
als minimalistische Detailkorrekturen überall da, wo „es
brennt“ und/oder konfliktfähige Gruppen „Druck“ ma-
chen.
Im Unternehmensbereich sollen methodisches Vorgehen
und eine klare Hierarchie sicherstellen, daß der Überblick
nie verlorengeht und die Aufgabenverteilung zu jeder Zeit
eindeutig ist.
Diese Erkenntnis könnte nicht nur dem Marketing eine
ganz neue Richtung geben, sondern auch die Basis für
zahlreiche organisatorische Veränderungen sein, wenn
sie erst einmal erkann wird - was freilich schwierig ist.
2.4.5. Steuerung durch den Auftraggeber
Viele Aufträge lassen dem Beauftragten zu großen Spiel-
raum, wenn sie etwa mit „kümmern Sie sich doch mal
um...“ beginnen. Auf diese Art wächst die Gefahr, daß das
Ergebnis nicht den Erwartungen des Auftraggebers ent-
spricht oder eine Projektruine entsteht. Methodisches
Vorgehen soll sicherstellen, daß nicht nur der Beauftragte
sich seiner Aufgabe bewußt ist, sondern auch der Vorge-
setzte seine Lenkungsfunktion wahrnimmt.
2.4.3. Das Problem mit Insellösungen
Bei mangelhafter Steuerung durch einen Auftraggeber
neigen Auftragenehmer dazu, die Aufgaben zuerst oder
ausschließlich zu erledigen, die sie „leicht“ finden. Das
kann dazu führen, daß jeder eine Teillösung eines Ganzen
schafft, die für sich genommen ein Problem löst, aber mit
anderen Lösungen nicht zusammenpaßt. Das Problem ist
© HZ
27605366.001.png
Zgłoś jeśli naruszono regulamin