Die Phoenix Chroniken Band 1 Asche von Handeland Lori._asche.rtf

(747 KB) Pobierz
Die Phoenix-Chroniken 01. Asche

               

              Lori Handeland

 

              SPECIAL_IMAGE-Handeland_Type%2BSign_fmt.jpeg-REPLACE_ME

 

              SPECIAL_IMAGE-Handeland_Type%2BSign_fmt1.jpeg-REPLACE_ME

 

              Roman

 

              Ins Deutsche übertragen
von Petra Knese

 

             

 

               

              Inhalt

 

              Danksagung

 

              1

 

              2

 

              3

 

              4

 

              5

 

              6

 

              7

 

              8

 

              9

 

              10

 

              11

 

              12

 

              13

 

              14

 

              15

 

              16

 

              17

 

              18

 

              19

 

              20

 

              21

 

              22

 

              23

 

              24

 

              25

 

              26

 

              27

 

              28

 

              29

 

              30

 

              31

 

              32

 

              33

 

              34

 

              35

 

              36

 

              37

 

              38

 

              39

 

              40

 

              41

 

              Epilog

 

              Impressum

 

               

DANKSAGUNG

              Mein herzlicher Dank gilt:

              Meiner Lektorin Jen Enderlin, einer außergewöhnlich talentierten und ermutigenden Frau. Ich danke dir, dass du mir so viel Narrenfreiheit lässt.

              Meinen Söhnen, aus denen tolle junge Männer geworden sind. Ich bin wahnsinnig stolz auf euch.

              Meinem Mann, der auch noch „You are my sunshine“ singt, wenn ich schnarche. (Den behalte ich auf jeden Fall!)

              Meiner Donnerstagsfrühstücksgruppe – ohne euch hätte ich schon längst den Verstand verloren.

               

              1

 

              Es roch vielversprechend nach Frühling, nach jungen Trieben, Blütenknospen und frischem Gras an jenem Tag, als mein altes Leben für immer zu Ende ging. Eigentlich hätte ich sofort wissen müssen, dass irgendetwas in der Luft lag.

              Ich habe immer schon übernatürliche Fähigkeiten gehabt. Froh hat mich das nie gemacht. Ehrlich gesagt, habe ich alles darangesetzt, meine Begabung im Einerlei eines ganz normalen Lebens zu vergessen.

              Doch jegliche Normalität hat sich an jenem Morgen im Mai aus dem Staub gemacht und ist nie wieder in mein Leben zurückgekehrt. Inzwischen bin ich mir noch nicht einmal mehr sicher, ob es so etwas wie Normalität für mich überhaupt jemals gegeben hat.

              An diesem Morgen war ich wie immer zur Arbeit gegangen. Frühschicht im Murphy’s, einer Kneipe im Osten von Milwaukee, in der sich vor allem Bullen herumtreiben. Fünfundzwanzig und immer noch Kellnerin! Wahrscheinlich hätte ich mir um meinen beruflichen Werdegang mehr Sorgen gemacht, wenn ich mich nicht schon selbst einmal als Bulle versucht hätte – und dabei gescheitert wäre.

              Bullen und Hellseher können nicht miteinander. Kann man sich an zehn Fingern abzählen.

              Nicht dass ich meine Fähigkeiten jemals an die große Glocke gehängt hätte. So blöd war ich nun auch wieder nicht. Aber manchmal ließ es sich einfach nicht verbergen. Und zuweilen wäre Schweigen ein größeres Verbrechen gewesen.

              Klar habe ich versucht, es herunterzuspielen, mir Ausreden einfallen zu lassen, warum ich auf unerklärliche Weise Zugang zu bestimmten Informationen hatte. Aber wie kann man sich da schon herausreden? Mir ist jedenfalls nie etwas Glaubwürdiges eingefallen.

              Meine Kollegen misstrauten mir, weil sie mich nicht verstanden. Sie mieden mich, so gut es ging, es sei denn, sie brauchten meine Hilfe. Dann blieb mir kaum etwas anderes übrig, als auf ihre Fragen zu antworten, falls ich eine Antwort hatte. Doch eines Tages führten meine allzu genauen Vorahnungen zu einer Katastrophe, und ich musste den Dienst quittieren.

              Gott sei Dank gab es Megan Murphy – ich weiß nicht, was ich ohne sie gemacht hätte.

              Megan war zum Glück schon selbst einmal in der gleichen Situation gewesen: mutterseelenallein und verzweifelt, ohne einen Pfennig Geld. Sie war durch meine Schuld Witwe geworden, aber für sie war das kein Grund, mir nicht zu helfen.

              Viele Bullen arbeiten nach dem Ausscheiden aus dem Polizeidienst als Privatdetektive. Ich hatte die notwendige Ausbildung und sogar eine Waffe. Fehlten nur noch die Zulassung und ein Schild mit der Aufschrift: Elizabeth Phoenix – Diskrete Untersuchungen.

              Da kann sich jeder lebhaft vorstellen, welche Art von Laufkundschaft ich damit angelockt hätte.

              Am Ende habe ich mich für den Job im Murphy’s entschieden. Ich stand tief in Megans Schuld, und dafür wollte ich am liebsten täglich büßen. Hinter dem Tresen einer Bullenkneipe zu stehen, nachdem mein Partner durch meine Schuld ums Leben gekommen war, eignete sich für diesen Zweck hervorragend.

              An diesem besagten Morgen hatten mir die Kunden schon vor elf die Bude eingerannt. Milwaukee ist nicht ohne Grund durch sein Bier bekannt geworden. Sobald die Sonne scheint und die Temperaturen über den Gefrierpunkt klettern, machen sich die Leute in meiner Heimatstadt schnurstracks auf den Weg zum nächsten Miller Lite.

              Ich öffnete Fenster und Türen sperrangelweit und beobachtete, wie die jungen Baumtriebe im Wind zitterten und dabei tanzende Schatten auf den Bürgersteig warfen, dunkel wie Gewitterwolken. Der Frühlingswind zauste mir die Haare, und trotz der ungewohnten Hitze bekam ich am ganzen Körper eine Gänsehaut. Plötzlich hatte ich das dringende Bedürfnis …

              „Verschwinde!“

              Die fünf Bullen am Tresen sahen von ihren Biergläsern und den Tellern mit belegten Broten auf. Sie warfen ihre Blicke erst in die Runde, und dann schauten sie mich an.

              „Ihr seid nicht gemeint“, sagte ich.

              Mit rollenden Augen und verächtlichem Schnauben wandten sie sich wieder ihrem Essen zu.

              Warum in aller Welt hatte ich das bloß laut gesagt? In Wahrheit war ich eben nicht normal, wie sehr ich mich darum bemühte.

              Meine Mittagsverstärkung war noch nicht da, aber das war egal, denn im Murphy’s waren alle Stammgäste. Wenn Megan mitten in der Nacht Probleme mit einem ihrer Kinder hatte, warf sie dem ranghöchsten Bullen einfach die Schlüssel zu und ging ihrer Wege.

              „Kenny.“ Der Mann schaute finster von seinem Bier auf. Mittlerweile hatte ich schon das andere Ende des Tresens erreicht. „Ein Notfall. Bin so schnell wie möglich zurück. In zehn Minuten kommt die Mittagsschicht.“

              Der Ausdruck auf Kennys Gesicht wechselte von Verdruss zu Verwirrung. „Was für ein Notfall? Du hast doch noch nicht mal ’nen Anruf gekriegt.“

              Ist doch nichts Neues, dachte ich.

              Im Auto zog ich mein Handy heraus, aber Ruthie meldete sich nicht, was mich allerdings nicht sonderlich überraschte. Manchmal fragte ich mich, wie sie es schaffte, die täglichen Anforderungen ohne Hilfe zu bewältigen.

              Ruthie war uralt und schwarz; sie leitete ein Heim im Süden von Milwaukee mitten in einer Siedlung von Farmhäusern, die dort in den Fünfzigerjahren wie Pilze aus dem Boden geschossen waren. Hübsche Vorgärten. Gute Schulen. Und unzählige Namen, die auf „ski“ endeten.

              Früher war Ruthie im Umkreis von dreißig Meilen die einzige Afroamerikanerin gewesen. Aber das hatte sie nie gekümmert und merkwürdigerweise auch sonst niemanden. So war Ruthie eben.

              Menschen, die normalerweise bei einem… also, das Wort will ich lieber nicht in den Mund nehmen, die Straßenseite wechselten, schlossen sie ins Herz wie eine seit Langem verloren geglaubte Tante.

              Heutzutage gab es auch andere Farbige in der Gegend, aber die meisten Namen endeten immer noch auf „ski“.

              Zwanzig Minuten später hielt ich am Straßenrand vor dem zweistöckigen Haus und betrachtete es eine Weile. Alles schien ruhig zu sein. Warum auch nicht. Um diese Uhrzeit waren die Kinder in der Schule, vielleicht war Ruthie noch nicht einmal zu Hause.

              Aber wenn ich das dringende Bedürfnis verspürte, Ruthie zu sehen, gab es immer einen verflucht guten Grund dafür, das hatte ich im Lauf der Jahre begriffen.

              Ich stieg aus dem Wagen und ging auf das Haus zu.

              Ruthie hatte nichts für Sperenzchen übrig – fast hatte man den Eindruck, sie entstamme einer Zeit, als Eltern ihre Kinder noch mit Liebe und fester Hand erzogen. Wen Ruthie einmal aufgenommen hatte, den gab sie niemals auf. Sie verstand, dass ein Teil der Schwierigkeiten von verlassenen Kindern aus ebendiesem Gefühl der Verlassenheit herrührte. Für mich war sie die einzige Mutter, die ich je gekannt hatte – vielleicht auch die einzige, an die ich mich erinnern wollte.

              Erst am Fuß der Veranda bemerkte ich den winzigen Schatten, der durch die halb offene Tür auf den Betonboden fiel. Automatisch fuhr meine Hand zur Hüfte, an die Stelle, wo ich schon seit Monaten keine Waffe mehr trug. In diesem Moment fehlte sie mir mehr als je zuvor.

              Gegen besseres Wissen drückte ich die Tür auf und rief in die Stille hinein: „Ruth…“

              Mir blieb das Wort in der Kehle stecken, denn ich sah und roch Blut.

              Ruthie lag in der Küche in einer Lache aus Sonnenlicht und Blut. Die Sonne hat sie immer geliebt, Blut aber aus tiefstem Herzen verabscheut.

              Ich ließ mich auf die Knie fallen, wollte ihren Puls fühlen, aber ihre Kehle… es war nicht mehr viel davon übrig.

              „Lizbeth.“ Sie öffnete die Augen. „Ich wusste, dass du kommst.“

              „Sprich jetzt nicht.“ Wie konnte sie überhaupt ein Wort herausbringen? „Ich ruf…“

              „Nein.“ Sie schloss die Augen, und einen Moment lang glaubte ich, sie sei tot. Was sollte ich bloß ohne sie machen? Sie war der einzige Mensch auf der Welt, der mich wirklich liebte.

              „Ruthie!“

              „Psst.“ Sie tätschelte mir das Knie und hinterließ dabei einen Blutfleck. Seltsam, ihre Hand sah aus, als sei sie von spitzen Zähnen zerfleischt worden. Und genauso wirkte ihre…

              „Ich hatte immer gehofft, dass du mal vorbeischaust, aber du bist nie gekommen.“

              Ich zuckte zusammen. Ich hatte viel gearbeitet. Sonst hatte ich keine Verpflichtungen. Außer der Frau einen Besuch abzustatten, die mich von der Straße aufgelesen hatte.

              „Ich komme ab jetzt öfter vorbei, das verspreche ich dir.“

              Sie sah mir fest in die Augen: „Wenn ich nicht mehr bin, hängt alles von dir ab.“

              „Ruthie, bitte…“

              „Jetzt beginnt die letzte Schlacht“, bekam sie gerade noch heraus, ehe ihre Stimme versagte.

              Sie nahm meine Hand – für eine alte Dame, die im Sterben lag, hatte sie einen ziemlich festen Griff –, dann explodierte mein Schädel, und ich verlor das Bewusstsein.

               

              2

 

              Als ich wieder aus meiner Bewusstlosigkeit erwachte, hatte sich nicht nur das Wetter geändert. Ich erinnerte mich ganz genau, dass ich an einem schönen Frühlingstag bei Ruthie gewesen war.

              Jetzt gaben die Fenster im Krankenhaus den Blick auf wirbelnde Schneeflocken frei. Bei dem Gedanken, ein ganzes Jahr verloren zu haben, überfiel mich einen Moment lang Panik, bis mir einfiel, dass ich doch im Süden von Wisconsin lebte. Dort folgte auf einen sonnigen April oft ein stürmischer Mai.

              Irgendetwas bewegte sich in meinem Zimmer, und ich wandte den Kopf danach um. Ich fühlte einen stechenden Schmerz und schloss die Augen, doch nur, um sie sogleich wieder zu öffnen.

              „Hoppla“, entfuhr es mir. „Das ist ja mal was ganz Neues.“

              Sicher besaß ich übersinnliche Fähigkeiten, aber eine Vision hatte ich bislang noch nie gehabt. Wenn dieses Horrorszenario, das mir eben vor den Augen geflimmert hatte, überhaupt eine Vision gewesen war.

              Nein. Unmöglich. Ich hatte Monster mit Zähnen und Klauen gesehen. Überall Blut und Tod – und das war bei Ruthie gewesen.

              Das konnte nicht die Wirklichkeit sein, so etwas passierte doch nur in einem „Albtraum“, murmelte ich mit schwerer Zunge.

              Wer weiß, was die mir hier im Krankenhaus eingeflößt hatten. Monster gab es nicht, es sei denn, man zählt wie ich die Schweine dazu, die sich an Schwachen und Unschuldigen vergreifen.

              Was war geschehen, nachdem ich im Haus das Blut gesehen und nach Ruthie gerufen hatte? Ich versuchte mich krampfhaft daran zu erinnern. Aber schon der Versuch erschöpfte mich, und ich sank zurück in die sanfte Dunkelheit, die Geborgenheit und Sicherheit zu versprechen schien.

              Seltsam, bis zu jenem Tag bei Ruthie hatte ich mich nie nach einem sicheren Ort gesehnt.

              Als ich das nächste Mal aufwachte, waren Dick und Doof mit zwei Stühlen an mein Bett gerückt.

              Eigentlich hießen sie Hammond und Landsdown, aber der eine war groß, dünn und sah dämlich aus, und der andere war kleiner, dicker und sah noch dämlicher aus. Sie arbeiteten beide bei der Mordkommission und waren ungefähr tausendmal klüger, als man ihnen ihrem Aussehen nach zutraute. „Was wollt ihr von mir?“ Ich streckte meine Hand nach dem Schalter für das Bett aus, um das Rückenteil hochzustellen. Wenn es ganz übel um mich bestellt gewesen wäre,...

Zgłoś jeśli naruszono regulamin