Hans-Ulrich Stamm - Frag mich nach Ostpreußen.doc

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Hans-Ulrich Stamm

 

Frag mich nach Ostpreußen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Wort zuvor

 

Wie viele Einwohner hatte Allenstein vor dem Zweiten Weltkrieg? - Wann bekam Insterburg die Stadtrechte? - Was be­deutete die Bezeichnung ,Großgebietiger’? - Wem stand das Bernsteinregal zu? - Welchen Anteil hatten die bäuerlichen Betriebe an der gesamten Anbaufläche des Landes? - Welche Bedeutung kam der Deutschen Ostmesse zu? - Wer war Zacha­rias Werner? - Welches Getränk trug den Namen ,Pillkaller Stutenmilch’?

 

Fragen über Fragen - nach einem deutschen Land, seiner Ge­schichte, seinen geographischen Gegebenheiten, seinen Men­schen, seinen Besonderheiten, seinen Dörfern und Städten, nach den Persönlichkeiten, die über die Grenzen Ostpreußens hinaus bekannt wurden, und nach vielem anderen mehr.

 

In diesem handlichen Ratgeber finden sich unter insgesamt 414 Stichworten Antworten auf ebensoviele Fragen. (Wie alle Nachschlagwerke dieser Art, kann auch dieses nicht den An­spruch auf Vollständigkeit erheben, es ist auch mehr für den interessierten Laien als für den Wissenschaftler gedacht). Wer zuvor genötigt war, in einer Reihe von Büchern nachzuschlagen, wenn er nach mehreren Dingen suchte, der hat jetzt die Mög­lichkeit, in Minutenschnelle nach dem ausführlichen Stichwort­register am Schluß des Bändchens das Betreffende nachzuschla­gen - und findet auf Anhieb, was er braucht.

 

Der Autor dieses handlichen kleinen Ratgebers, Hans-Ulrich Stamm, geborener Königsberger des Jahrganges 1924, kam durch die tägliche Arbeit in der Redaktion des Ostpreußenblattes auf die Idee, ein solches Handbuch zusammenzustellen. Im Laufe der Jahre kam nämlich - bedingt durch den zeitlichen und räumlichen Abstand zur Heimat - eine Unzahl von Fragen aus dem Leserkreis, deren Beantwortung viel Mühe und Zeit erforderte.

 

Es ist ein Stück deutscher Geschichte, das in dieser ,Kleinen Landeskunde’ sichtbar wird. Einst zogen die Ordensritter, nach ihnen die Siedler, aus allen deutschen Gauen in das Land im Osten. Flüchtlinge um des Glaubens willen fanden dort Heim­statt und Brot in Gegenden, die von der Pest entvölkert waren. Krieg und Brand und Tod brausten immer wieder über dieses Land hin, dessen Ostgrenze über Jahrhunderte hinweg die sta­bilste in unserem Kontinent blieb. Kein Wunder, daß die Men­schen dieses Landes an ihrer Scholle hingen, daß sie sich in über­wältigender Zahl zu Deutschland bekannten, als nach dem Ersten Weltkrieg über ihre Volkszugehörigkeit abgestimmt wurde.

 

Haus und Hof und Heimstatt mußten diese Menschen ver­lassen, als 1944/45 ein Krieg zu Ende ging, der Hunderttausen­den die Heimat nahm. Viele von ihnen fanden den Tod an den Straßen der überstürzten Flucht, im eisigen Wasser des Frischen Haffs, in den Fluten der Ostsee. Mühsam war der Wiederbeginn für die Überlebenden im Westen. Und doch: Nichts ist ver­loren, was wir nicht selbst verloren geben. Ostpreußen lebt weiter in den Herzen und Gedanken der Menschen, die das geistige und kulturelle Erbe des Landes im Osten bewahren und weitergeben an die Generationen, die nach uns kommen.

 

Nun liegt die ‚Kleine Landeskunde in Stichworten’ in Ihrer Hand, liebe Leserin, lieber Leser. Möge sie Ihnen zum unent­behrlichen Begleiter werden. Möge sie Ihnen vor allem dabei helfen, die vielen Fragen junger Menschen zu beantworten, die mehr über die Heimat der Eltern und Voreltern, mehr über das alte deutsche Land im Osten wissen wollen.

 

Ruth Maria Wagner

 

 

 

Das Land

 

Geographisch gesehen ...

 

... liegt Ostpreußen auf der nördlichen Erdhalbkugel zwi­schen 53 und 56 Grad nördlicher Breite. In der gleichen Brei­tenzone finden wir auch den südlichen Ural, die Halbinsel Kamtschatka, das südliche Alaska, Mittel-Kanada, Süd-Labra­dor, Nordirland und Schleswig-Holstein.

 

Von Greenwich aus ...

 

... dem Nullpunkt für die Längenbestimmung befindet sich das Land zwischen dem 18. und 23. Grad östlicher Länge. Nördlich davon liegen auf der gleichen Länge das schwedische Erzzentrum Kiruna und die Alands-Inseln, weiter südlich War­schau, Budapest, Belgrad, Tirana, in Afrika Bengasi und Kap­stadt.

 

Die Größe Ostpreußens ...

 

... beträgt 39 647,5 Quadratkilometer unter Einschluß des von 1923 bis 1939 abgetrennten Memelgebietes.

 

Die Einwohnerzahl...

 

... betrug vor dem Zweiten Weltkrieg 2,488 Millionen Men­schen oder 63,5 je Quadratkilometer. In der Bundesrepublik Deutschland leben heute durchschnittlich mehr als 240 Per­sonen auf einem Quadratkilometer.

 

Die Grenz- und Küstenlänge ...

 

... der Provinz belief sich im Jahre 1939 auf 900 Kilometer Landesgrenzen gegen Litauen, Polen und die Freie Stadt Danzig und auf 220 Kilometer Küste.

 

Gegliedert...

 

... war die Provinz in vier Regierungsbezirke: Königsberg mit 13 100, Allenstein mit 11 500, Gumbinnen mit 9 400 und Westpreußen (Marienwerder) mit 3 000 Quadratkilometer Fläche. Diese Bezirke umfaßten sechs kreisfreie Städte und 40 Landkreise.

 

Ostpreußens Kältepol...

 

... ist die masurische Kreisstadt Treuburg (früher Marggrabowa). Die Durchschnittstemperatur im Januar beträgt dort -5,1 Grad gegenüber -2,9 Grad in Königsberg und 0 Grad in Frankfurt am Main.

 

Die jährliche Niederschlagsmenge ...

 

... liegt im Provinzdurchschnitt bei 608 Millimeter und ent­spricht etwa der Regenmenge der Norddeutschen Tiefebene (in Süddeutschland fallen durchschnittlich 820 Millimeter Niederschlag im Jahr). Den geringsten Anteil weist der Kreis Lötzen mit nur 516 Millimeter auf.

 

Die Zahl der Schnee- und Eistage ...

 

... im Jahr beläuft sich durchschnittlich auf 63, doch sind die Werte in den südlichen Landesteilen höher als im Norden. So hat Königsberg 43,5 Eistage und 59 Schneetage, Klaußen im Kreis Lyck dagegen 54,7 Eistage und Treuburg 69 Schnee­tage.

 

Die erste wichtige kartographische Darstellung ...

 

... Ostpreußens schuf der Pfarrer und Kartograph Caspar Hennenberger (1529-1600). Sein Grab befand sich an der Löbenichtschen Kirche in Königsberg.

 

Die erste genaue kartographische Bestandsaufnahme ...

 

... Ost- und Westpreußens erfolgte in den Jahren 1796 bis 1802 im Auftrag des preußischen Provinzialministers Freiherr von Schrötter. Das Land wurde genau vermessen und das Er­gebnis in einem umfangreichen Kartenwerk niedergelegt.

 

Die höchsten Bodenerhebungen ...

 

... sind die Seesker Berge im Osten mit 309 und die Kerns­dorf er Höhen im Westen mit 313 Meter Höhe. (Der höchste Berg Dänemarks, der Himmelberg in Jütland, ist dagegen nur 172, der Bungsberg in Schleswig-Holstein 164 Meter hoch.) Andere bedeutendere Erhebungen sind der Schloßberg im Stab­lack (216 Meter), die Elbinger Höhen (198 Meter) und der Galtgarben im Samland (110 Meter). Höchster Punkt im nord­östlichen Landesteil an der Memel ist der 73 Meter hohe Ka­pellenberg in den Willkischker Höhen, höchste Erhebung in unmittelbarer Küstennähe der 73,5 Meter hohe Karlsberg am Südrand von Rauschen. Die eigentliche Steilküste des Samlandes erreicht eine Höhe bis 60 Meter.

 

Der Waldanteil ...

 

... an der Gesamtfläche der Provinz beträgt 701 387 Hektar oder 19 Prozent. Vorherrschend ist Nadelwald mit 543 000 Hektar, darunter 356 000 Hektar Kiefern.

 

Der größte zusammenhängende Waldkomplex ...

 

... Ostpreußens und zugleich der größte Forst des ehemali­gen Landes Preußen ist die 970 Quadratkilometer große Jo­hannisburger Heide, die in deutscher Zeit von 16 Ober­förstereien betreut wurde.

 

Das waldärmste Gebiet...

 

... des Landes ist der masurische Kreis Lötzen. Nur 6,5 Pro­zent seiner Fläche besteht aus Wald.

 

Die besten Kiefern ...

 

... wachsen auf dem Sandboden Masurens. Ein vor dem Ersten Weltkrieg angelegter Teil des Hamburger Hafens steht noch heute auf Kiefernstämmen aus der Oberförsterei Pfeils­walde im Kreis Sensburg. (Übrigens gibt es im Hamburger Hafen noch eine sehr augenfällige Erinnerung an Ostpreußen: Der - alte - Elbtunnel an den Landungsbrücken ist mit Kacheln aus Cadiner Majolika ausgelegt).

 

Unter den Laubbäumen ...

 

... spielt die Erle eine wichtige Rolle. Am stärksten ver­breitet ist sie in einem 14 000 Hektar großen, zusammenhän­genden Waldgebiet der Memelniederung.

 

Die nördliche Verbreitungsgrenze der Rotbuche...

 

... befindet sich in der Nähe des Frischen Haffs bei Lud­wigsort im Kreis Heiligenbeil.

 

Der Name „Land der tausend Seen“ ...

 

... für Masuren ist eine Untertreibung. Bei einer Bestands­aufnahme hat man in Ostpreußen 3300 Seen gezählt. Die meisten davon liegen in Masuren.

 

Der große See ...

 

... ist der 146 Quadratkilometer große Spirdingsee.

 

Der tiefste See...

 

... ist der Löwentinsee bei Lötzen. Er erreicht bis zu 40 Me­ter Tiefe, der Spirdingsee nur 25. Die beiden Haffe bringen es nur auf fünf bis sechs Meter Tiefe.

 

Der Reihersee...

 

... wurde von Menschenhand angelegt. Dieser 30 Kilometer lange Stausee speichert die Wasserreserve für das Kraftwerk Friedland im Kreis Bartenstein, das bis 1945 das ganze nörd­liche Ostpreußen mit Strom versorgte.

 

Der Anteil der Moore ...

 

... an der Bodenfläche macht rund 16 Prozent aus, also nicht viel weniger als der Waldanteil.

 

Das größte Hochmoor ...

 

... ist das Große Moosbruch südlich des Kurischen Haffs mit 15 000 Hektar.

 

Das Zehlaubruch...

 

...zwischen Tapiau und Friedland stand seit 1910 als ein­ziges noch wachsendes Hochmoor Deutschlands unter Natur­schutz. Es umfaßt etwa 24 Quadratkilometer.

 

Der berühmteste Bewohner mooriger Gebiete...

 

... ist der Elch. 1940 gab es in Ostpreußen rund 1300 Elche gegenüber 770 im Jahr 1930.

 

Ein Elch braucht täglich ...

 

... an die 45 Kilogramm Laub und junge Triebe, um satt zu werden. Er bevorzugt dabei Birken, Weiden und Espen.

 

Die 220 Kilometer lange ostpreußische Küste ...

 

... weist eine Reihe herrlicher Badeorte auf: Schwarzort, Nidden, Rossitten und Sarkau auf der Kurischen Nehrung, Cranz, Neukuhren, Rauschen, Georgenswalde, Warnicken, Groß- und Klein-Kuhren an der samländischen Nordküste, Neuhäuser, Sorgenau und Pillau an der Westküste, Kahlberg auf der Frischen Nehrung.

 

Der Bernstein ...

 

... ist eine Besonderheit der ostpreußischen Küste. Nur hier kommt das „Gold des Samlandes“ in größeren Mengen vor. Es wird nicht nur am Strand gefunden, sondern auch im Bernsteinwerk Palmnicken (es wird von den Sowjets unter dem Namen Jantarny weiter betrieben) in zwanzig Meter Tiefe aus der sogenannten „Blauen Erde“ abgebaut.

 

Auch an anderer Stelle...

 

... Ostpreußens hat man Blaue Erde gefunden, und zwar in der Nähe von Neuhausen bei Königsberg und auch bei Heils­berg. Dort liegt die Schicht in 130 Meter Tiefe.

 

Bernstein ist kein Stein...

 

... sondern ein Harz, allerdings ein sehr altes. Das mut­maßliche Alter dürfte nach den Feststellungen der Wissenschaft bei 45 Millionen Jahren liegen. Je durchsichtiger ein Bernstein­stück, desto älter ist es.

 

Schon seit 6000 Jahren...

 

... wird Bernstein künstlerisch verarbeitet. So alt jedenfalls sind die zu Figuren oder Amuletten gestalteten Bernstein­stücke, die man auf und vor der Kurischen Nehrung gefunden hat. Mit Bernstein eingelegte Dolche, die in Gräbern auf Kreta gefunden wurden, dürften etwa um 2000 vor Christi Geburt entstanden sein.

 

Nur etwa 20 Prozent...

 

... des jährlichen Gesamtaufkommens an Bernstein werden zu Schmuck oder Kunstgegenständen verarbeitet. Der Rest dient zur Herstellung von hochwertigen Lacken und Farben.

 

Magische Kräfte...

 

... schrieben die Menschen bis in die frühe Neuzeit hinein dem Bernstein zu. Sie nahmen an, mit seiner Hilfe könne man Dämonen abwehren und eine Reihe von Krankheiten vertrei­ben wie Wahnsinn, Kropf oder Rheuma. Noch Herzog Al­brecht von Preußen schickte im 16. Jahrhundert Martin Luther ein großes Stück Bernstein als Mittel gegen seine Nierensteine mit dem Wunsch, der gute Stein möge die bösen austreiben. Diese Einschätzung lag an den besonderen Eigenschaften des Bernsteins: Er ist vielfach durchsichtig, er wird in der Hand sofort warm, er kann verbrannt werden und entwickelt dabei einen aromatischen Geruch, und schließlich entwickelt er An­ziehungskraft, wenn man ihn reibt.

 

Die größte Brackwasserfläche...

 

... des alten Deutschen Reiches ist das Kurische Haff. Es ist 1613 Quadratkilometer groß.

 

Der Zufluß von Salzwasser...

 

... ins Kurische Haff erfolgt durch das Memeler Tief an der Nordspitze der Kurischen Nehrung, bei Memel. Im Mittelalter befand sich diese Durchfahrt an anderer Stelle. Auf Karten aus dem 16. Jahrhundert ist sie bei Sarkau eingezeichnet. Durch Sturmfluten wurde sie zugeschüttet und an anderer Stelle ein neues Tief geöffnet.

 

Die eigenartige Schönheit der Kurischen Nehrung ...

 

... entdeckte als erster Alexander von Humboldt. Er schrieb von ihr: „Man muß sie gesehen haben, wenn einem nicht ein wunderbares Bild in der Seele fehlen soll.“

 

Wanderdünen...

 

... verschafften der Kurischen Nehrung den Beinamen „Eu­ropäische Sahara“. Sie entstanden als Folge des Abholzens der Nehrungswälder (zu Bauzwecken) in der Ordenszeit. Man kennt Wanderdünen seit dem 16. Jahrhundert. 1569 ver­schütteten sie das Dorf Alt Kunzen, im Laufe der Jahrhun­derte dann noch sechs weitere Orte. Die Wanderdünen der Nehrung werden bis zu 66 Meter hoch.

 

Die Länge der Kurischen Nehrung…

 

... beträgt 97 Kilometer, ihre Breite schwankt zwischen 500 und 3500 Meter.

 

Treffpunkt der Künstler ...

 

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