Akte X Novel - 01 - Heilige Asche.pdf
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Akte-X Novels Band 1 Heilige Asche
Akte-X Novels
Band 1
Heilige Asche
Zuerst wird Charlies kleiner Bruder von einer unsichtbaren Macht auf die Schienen eines herannahenden
Zuges gezogen. Kurz darauf kommt sein Vater durch eine bizarre Fehlfunktion des Garagentores ums
Leben. Beide Male ist Charlie anwesend - und schaut zu.
Charlies rumänische Großmutter schreibt ihrem Enkel die Schuld an den Todesfällen zu. Fest verwurzelt in
den Traditionen der Alten Welt ruft sie die „Calusari" zu Hilfe. Sie sollen die Seele des Jungen läutern -
selbst wenn dadurch Charlies eigenes Leben in Gefahr gerät.
Doch ist Charlie wirklich das personifizierte Böse in Gestalt eines Kindes? Oder ist eine noch
grauenvollere Macht im Spiel?
Die Wahrheit ist irgendwo dort draußen...
l
Die rote Miniaturlokomotive ließ eifrig dampfend ihr Pfeifen ertönen, als der Zug um die Biegung kam, die
Messingbeschläge funkelten in der Sonne. Die Waggons waren vollgestopft mit lachenden und winkenden
Kindern, die den Tag im Lincoln Park nach Kräften genossen.
Ein dunkelhaariger Junge stand an dem Zaun, der die Geleise von dem Gelände des Vergnügungsparks
abgrenzte, und beobachtete ohne Anzeichen von Freude oder Fröhlichkeit, wie der Miniaturzug
vorbeirollte. An einer silbernen Schnur, die der Junge in der Hand hielt, schaukelte ein rosa Heliumballon
über seinem Kopf im Wind.
Der Name des Jungen war Charlie Holvey, und er sah aus, als ob all die Freuden, die Lincoln Park zu
bieten hatte, ihm nicht das geringste bedeuteten - als ob irgendein geheimer Kummer tief in seinem Innern
ihn davon abhielt, je wieder zu lachen.
„Charlie!"
Jemand rief seinen Namen, und er drehte sich nach der Stimme um. Maggie Holvey, seine Mutter, winkte
ihn zu sich heran. Neben ihr stand sein kleiner Bruder Teddy mit seinen hellen blonden Haaren. Er lachte,
ein fröhliches Kind, ganz anders als Charlie mit seinem mürrischen Gesichtsausdruck. Teddy hielt ebenfalls
einen Ballon an einer silbernen Schnur fest. Seine Mutter dirigierte ihn an einem Riemen, der an einem
sicher um den Körper des Zweijährigen geschnallten Haltegurt befestigt war.
„Komm schon, Charlie!" rief Maggie, aus deren Stimme auch nach fast zehn Jahren in Amerika der
rumänische Akzent nicht ganz verschwunden war. Aber solange sie schwieg, wirkte sie wie jede andere
amerikanische Mutter.
Charlie sah sie an, ohne sich zu rühren, und beobachtete Teddy. Plötzlich lächelte der Kleine und
watschelte von Maggie weg auf jemanden zu, der durch die Menge der vorbeigehenden Eltern und Kinder
näher kam. Steve Holvey, der Vater der beiden Kinder, trug in jeder Hand zwei Eistüten.
„Charlie ... he! Hier ist ein Eis für dich!" rief Steve. Doch selbst Eis schien Charlie nicht zu interessieren.
Mit ausdruckslosem Gesicht trottete er hinüber zu seinem Vater, seiner Mutter und seinem kleinen Bruder
und zog den über seinem Kopf schwankenden Ballon hinter sich her.
Im Gegensatz zu Charlie hatte Teddy großes Interesse an dem Eis und griff ein wenig zu schnell danach.
Das Laufen war für ihn immer noch ein wenig ungewohnt, und die Koordination von Ballon und Eistüte
erwies sich als zu schwierig. Mit einem Aufschrei fiel er vornüber und schmierte sich dabei das Eis über
das greinende Gesicht, von dem das Lächeln verschwunden war. Der Ballon entglitt seinen Fingern, stieg
hinauf in den Himmel und wurde vom Wind nach Norden getrieben.
„Still, Teddy, nicht weinen!" sagte Maggie beschwichtigend, während sie ihren Jüngsten vom Boden
hochnahm. „Wir holen dir einen neuen Ballon, mein Schatz."
Versprechungen bedeuten einem Zweijährigen wenig. Teddy hörte nicht auf zu heulen, und das
Schokoladeneis auf seinem Gesicht vermischte sich mit Tränen. Steve dachte nur daran, wie er ihn dazu
bringen könnte, mit dem Weinen aufzuhören, als er nach Charlies Ballon griff und ihn Teddy in die Hand
drückte.
„Schau. Hier ist ein Ballon."
Wie durch Zauberei verstummte Teddy mitten in einem langgezogenen Klagegeheul, als der silberne Ring
am Ende der Schnur wieder sicher in seiner mit Babyspeck gepolsterten Hand lag und der Ballon über ihm
schwebte. Charlie sah zu, und zum ersten Mal ging ein Anflug einer inneren Regung über sein Gesicht.
„Wie siehst du aus!" rief Maggie und blickte auf ihren kleinen, schokoladenverschmierten Sohn hinab.
„Wir müssen dich saubermachen. Steven ..."
„Ja, sicher ... geh nur. Charlie und ich warten auf euch", erwiderte Steve und seufzte vor Erleichterung
darüber, daß die Katastrophe sich so leicht hatte abwenden lassen. Als er merkte, daß er immer noch drei
Eistüten in der Hand hatte, hielt er eine davon Charlie hin.
„Iß dein Eis, bevor es schmilzt!"
Charlie rührte sich nicht, ließ die Hände herabhängen und ignorierte die Eistüte vor seinem Gesicht.
„Ich will meinen Ballon."
„Ja. Okay. Wir kaufen dir einen neuen Ballon."
„Nein", sagte Charlie heftig. „Ich will meinen Ballon."
„Verstehst du nicht? Wir kaufen dir einen anderen Ballon!" rief Steve, aber Charlie wollte das Eis immer
noch nicht nehmen. Schließlich zuckte Steve die Achseln, warf alle drei Eistüten in einen Abfalleimer und
murmelte etwas von Geldverschwendung. Wenn ihnen nicht das eine Kind den Ausflug verdarb, dann tat es
bestimmt das andere ...
Die Waschräume im Park waren sehr spartanisch eingerichtet. Alles war aus rostfreiem Stahl und Beton,
die Becken einfach an der Wand verschraubt und von Stahlpfosten gestützt. Maggie wischte die letzten
Schokoladenreste aus Teddys Gesicht; dann befestigte sie seinen Haltegurt am Waschbeckenständer und
überprüfte die Schnallen, um sicherzugehen, daß er sich nicht lösen würde.
„Okay, Teddy. Ich bin gleich wieder da", sagte sie lächelnd zu ihm, bevor sie die Kabine gegenüber betrat
und die Tür hinter sich schloß.
Als der Riegel einrastete, ließ Teddy den Ballon los und sah fröhlich zu, wie er zur Decke schwebte und
dort herumhüpfte, unfähig, in den freien Himmel zu entfliehen.
Zwischen der Kabinentür und dem Boden befand sich eine Lücke, und als Maggie sich im Sitzen
herabbückte, um darunter hindurchzuschauen, sah sie beruhigt Teddys kleine Beine in ihren ausgebeulten
blauen Hosen. Sie sang ein Kinderlied, um ihn hören zu lassen, daß sie in seiner Nähe war.
„Sie war'n zu sechst im Bett, und der Kleine rief: Rollt 'rüber ... rollt 'rüber ..."
Aber Teddy hörte nicht auf ihr Singen. Er beobachtete begeistert den Ballon, der sich plötzlich, wie von
einer unsichtbaren Kraft gezogen, in Bewegung gesetzt hatte. Immer tiefer sank er, dann glitt er zur Seite -
auf den Ausgang zu. Als er den Türrahmen erreichte, rauschte die Toilettenspülung.
Maggie sang weiter, während sie ihre Bluse in die Jeans zurückstopfte.
„Sie war'n zu fünft im Bett, und der Kleine rief: Rollt 'rüber ..."
Sie bückte sich noch einmal, um einen Blick auf Teddys Beine zu werfen, dann entriegelte sie, immer noch
singend, die Tür.
„Also rollten alle 'rüber, und einer fiel raus ..."
Sie öffnete die Tür, und der Gesang blieb ihr bei offenem Mund im Halse stecken. Teddys Haltegurt hing
vom Waschbecken herab. Leer. Keine Spur von ihrem geliebten Kind.
Oder von dem Ballon.
Maggie stürzte in Panik zum Ausgang und rief laut seinen Namen, noch ehe sie ins Freie kam.
„Teddy! Teddy!"
Teddy war nicht weit weg, aber er hörte sie nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Ballon, der vor
ihm herschwebte, immer gerade so weit entfernt, daß er ihn nicht erreichen konnte. Er stolperte vorwärts,
so schnell er konnte, und streckte seine kleinen Arme aus. Doch jedesmal, wenn er seine Finger schloß,
sprang der silberne Ring davon, und der Ballon lockte ihn weiter. Den Wiesenhang hinab und durch das
weiß gestrichene Tor, das gerade weit genug offen stand, daß er sich hindurchzwängen konnte. Endlich
verharrte der Ballon in der Luft, und Teddy streckte lächelnd die Hand danach aus ...
Nur Charlie sah den kleinen Jungen durch den Zaun gehen. Seine dunklen Augen standen weit offen und
spähten durch die Menge, während sein Vater ahnungslos neben ihm stand. Aber Charlie sagte nichts,
warnte seinen Bruder nicht. Er tat nichts von dem, was man von einem Jungen erwarten würde, der zusieht,
wie sein kleiner Bruder geradewegs in eine tödliche Gefahr hineinstolpert.
Oben auf dem Wiesenhang beugte sich ein Mann über seine Kamera und sah durch den Sucher seine Frau
und seine Kinder an, die mit einem der menschengroßen Tiere des Vergnügungsparks posierten. Es war ein
rosa Schwein, noch intensiver rosa als die gefärbte Zuckerwatte, mit der sich seine Kinder über und über
bekleckerten. Nachdem er die richtige Einstellung gefunden und auf den Auslöser gedrückt hatte, hob er
den Kopf, und sein Blick fiel auf ein kleines Kind mit einem rosa Ballon im Hintergrund.
Eine Sekunde lang dachte er gar nicht darüber nach, wo das Kind war, dann ließ ihn das Pfeifen des
Miniaturzuges, das plötzlich viel näher klang als noch vor wenigen Augenblicken, die Situation erfassen.
„Da ist ein Kind auf den Schienen!" rief er.
Als er das hörte, stand Steve Holvey nur wenige Meter entfernt mit Charlie am Ballonstand. Er drehte sich
um und Angst durchbohrte seinen Leib wie eine Lanze, als er den blauen Anzug und den rosa Ballon
erkannte. Es war Teddy, der auf den Schienen stand - und der Zug kam bereits um die letzte Biegung und
raste unter Volldampf auf seinen Jungen zu.
„Oh mein Gott!" stöhnte er, während er sich bereits in Bewegung setzte, und stieß im Laufen einen Schrei
aus.
„Haltet den Zug an!"
Maggie, die auf Kniehöhe in der Menge nach ihrem Sohn suchte, hörte seinen Schrei und wußte sofort, daß
Teddy in Gefahr war. Sie rannte in die Richtung, aus der die Stimme ihres Mannes gekommen war.
Steve rannte, und sein Verstand weigerte sich, die Tatsache zu akzeptieren, daß er es nicht rechtzeitig
schaffen konnte. Der Zug war schon zu nahe, und Teddy rührte sich einfach nicht von der Stelle.
Verzweifelt schrie er noch einmal, als wollte er seinen Sohn durch schiere Willenskraft dazu bringen, sich
zu bewegen, nur einen Meter, nur ein paar Zentimeter von den Schienen herunter.
„Teddy! Geh weg von den Schienen!" Charlie folgte ihm gemächlich und beobachtete weiter seinen
Bruder. Er schien es nicht eilig zu haben, als ob er wüßte, daß er gerade rechtzeitig ankommen würde, um
zu sehen, was immer es zu sehen geben würde.
Der Fahrer des Zuges wandte sich lächelnd zu seinen Passagieren um. Er war als Fahrer für den Zug
ausgesucht worden, weil er mit seiner Casey-Jones-Mütze wie ein Lokführer aus alten Zeiten aussah und so
nett lächeln konnte. Doch sein Lächeln erstarb, als er nach vorn blickte und das Kind selbstvergessen auf
den Geleisen stehen sah. Seine Hand schnellte sofort zur Notbremse, aber der Griff wackelte nur nutzlos
hin und her. Er versuchte es noch einmal, aber es war nichts zu machen - der Junge hatte noch nicht einmal
aufgeblickt. Der Lokführer streckte die Hand nach oben aus und zog immer wieder an der Schnur für die
Pfeife, um das schrille Signal ertönen zu lassen, in dem die Rufe der Erwachsenen untergingen, die auf die
Schienen zugerannt kamen. Das mußte der Kleine doch hören ...
Teddy summte das Lied von den „Zehn kleinen Zappelmännern" und zupfte an dem Ballon, glücklich
darüber, daß er ihn eingefangen hatte. Er hörte weder das Pfeifen noch die gellenden Schreie.
Er spürte es nicht einmal, als der Zug ihn erfaßte und unter schrillem Pfeifen sein kurzes Leben beendete.
„Nein!" schrie Steve, als der verwischte rote Streifen des Zuges direkt an ihm vorbeisauste und Teddy mit
sich riß. Der rosa Ballon verfing sich irgendwo, bis die scharfkantigen Räder die silberne Schnur
durchtrennten und er sich löste.
Dann war der Zug vorbei, und Maggie kam heran, beide Hände vor den Mund gepreßt, um den Schrei zu
unterdrücken, der aus ihr hervorbrechen wollte. Hinter ihr verdeckten andere Eltern die Augen ihrer Kinder
mit den Händen, um sie vor dem schrecklichen Anblick auf den Schienen zu bewahren.
Nur Maggie rannte weiter, stürzte auf die Knie, hob ihr totes Kind hoch und wiegte es in den Armen, als
könnte sie es mit ihrer Liebe irgendwie ins Leben zurückrufen. Aus Steves Gesicht war durch den Schock
jeder Ausdruck gewichen; er starrte nur, unfähig, sich zu rühren oder etwas zu sagen, auf die schreckliche
Szene.
Hinter ihnen in der Menge sah auch Charlie zu, und auch jetzt zeigte sich keine Regung in seinem Gesicht,
wie schon den ganzen Tag über. Sein Vater hatte keine Zeit mehr gehabt, ihm einen neuen Ballon zu
kaufen, aber jetzt schwebte einer hinter ihm und zog seine zerfetzte Schnur hinter sich her. Ohne sichtbaren
Halt stand er still in der Luft. Fast so, als ob ihn jemand dort festhielte und wartete ...
2
Das Foto füllte die ganze Leinwand aus und zeigte eine Frau und zwei Kinder mit Zuckerstangen, die halb
so lang waren wie sie selbst, in ihrer Mitte einen Mann in einem rosa Schweinchenkostüm.
Special Agent Dana Scully betrachtete die Projektion und wartete auf die Erklärung ihres Partners, warum
er sie hierher in dieses Labor an der Universität von Maryland gebracht hatte, nur um sich ein Foto
anzusehen. Was nun auch folgen mochte, sie wußte, daß Special Agent Fox Mulder eine höchst seltsame
Erklärung dafür liefern würde. Dies mochte aussehen wie das Bild einer normalen Familie, die einen Tag
auf dem Jahrmarkt genoß, aber es mußte mehr dahinter stecken, wenn Mulder sich dafür interessierte.
Und warum mußten sie sich das Foto hier unten im Labor dieses Typen ansehen?
Wieder einer von Mulders Freunden, der sich auf irgendein obskures Fachgebiet spezialisiert hatte, wenn
auch die Tonnen von elektronischen Geräten und Video- und Kameraausrüstungen durchaus beeindruckend
aussahen. Ob sie vom Inhaber des Labors ebenso beeindruckt sein sollte, wußte sie nicht so recht. Für einen
seriösen Wissenschaftler sah er ein wenig zu glatt aus mit seinem gelichteten Haar und seiner Hornbrille.
Wie Scully erwartet hatte, war es nicht der offensichtliche Teil des Fotos, für den sich Mulder interessierte.
Er beugte sich vor und deutete auf eine kleine Gestalt hinter der Familie im Vordergrund, auf der anderen
Seite eines weißen Zauns.
„Dieses Foto wurde vor drei Monaten in einem Vergnügungspark aufgenommen", erklärte Mulder. „Der
kleine Junge im Hintergrund ist Teddy Holvey, zwei Jahre alt. Er kam wenige Sekunden nach dieser
Aufnahme ums Leben."
„Und wie?" fragte Scully.
„Laut Polizeibericht ist er auf die Schienen der Miniatureisenbahn des Parks geraten. Der Lokführer konnte
nicht mehr anhalten, weil die Bremsen versagt haben.
Teddys Vater arbeitet für das Außenministerium", fuhr Mulder fort und reichte Scully eine Akte.
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