Über 300 Jahre Glockenguss(1).doc

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Über 300 Jahre Glockenguss

Über 300 Jahre Glockenguss

Die Geschichte der über 300 Jahre währenden Glockengießertradition von Petit & Gebr. Edelbrock findet ihren Ursprung in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Die ersten nachweisbaren Spuren tauchen mit dem zu Ende gehenden 30jährigen Krieg in Lothringen auf, wo viele Glockengießerfamilien ansässig waren.

In dieser Zeit war das Transportproblem schwerer Glocken noch nicht gelöst, wodurch die Glocken am Ort ihrer endgültigen Bestimmung gegossen werden mußten.Drei dieser „wandernden“ Glockengießerfamilien waren die Hemonys, Julliens und Petits.

Zwei der tüchtigsten Glockengießer im 17. Jahrhundert waren die aus Lothringen stammenden Brüder Francois (Franz) und Peter Hemony. Zwischen 1640 und 1654 lebte Franz Hemony in Zutphen und danach in Amsterdam, wo er sich zunächst am dem Molenpad niederließ. Später war er mit seinem Bruder in der Keizersgracht Nr. 454 als Glocken- und Geschützgießer tätig. Neben vielen Glocken bzw. Geläuten gossen die Brüder zahlreiche wohlklingende Glockenspiele. Wie aus einem Briefwechsel mit dem gelehrten Jesuiten Pater Kirchner hervorgeht, stellte Franz Hemony maßgebliche Regeln für den Aufbau der Nebentöne der Glocken auf. Als berühmter Glockengießer hatte er mehrere Lehrlinge, u.a. Francois de la Paix, Klaas Noorden und Abraham de Graaf. Der Letztgenannte wurde selber besonders in Deutschland bekannt und gab sein Wissen an seine beiden Lehrlinge Jullien und Witlocks (Witlookx) weiter. Diese Tatsache ist insofern von Bedeutung, weil ein Mitglied der Familie Jullien in die Familie Petit eintrat.

Jean Francois Petit (1660 - 1730)

Joseph Petit (1690 - 1745)

Alexius Petit d. Ä. (1720 - 1801)

Alexius Petit d. J. (1765 - 1842)

Joseph (1806 - 1885) und Wilhelm Edelbrock (1807 - 1859)

Rudolph Edelbrock (1843 - 1899)

Carl Edelbrock (1874 - 1926)

Werner Hüesker (1876 - 1932)

Hans Hüesker (1914 - 1979)

Florence Hüesker (1926 - 1995)

Hans-Göran Hüesker (seit 1960)

 

Jean Francois Petit (1660 - 1730)

1660 wurde der Glocken- und Kanonengießer Jean Francois Petit in Montigny-le-Roi geboren, wo er auch bis 1715 lebte. Zur selben Zeit war Nicolas Jullien, ein Nachkomme von Joseph Jullien, der 1623 u.a. eine Glocke für die evangelische Kirche in Drevenack goß, in Damblain ebenfalls als Glocken- und Kanonengießer tätig. Hier heiratete Jean Francois Petit am 29. November 1688 Nicolas Julliens Tochter Maria, die selber die Kunst des Glockengießens beherrschte. Die Hochzeit wurde als ein wirklicher Zusammenschluß zweier alter Glockengießerfamilien gefeiert. Mitglieder beider Familien fertigten noch über Jahrzehnte Glocken zusammen, z.B. gossen 1718 Godefroy Jullien und Jean Petit eine Glocke für Gemert.

Jean Francois Petit beschränkte schon früher seine Tätigkeit nicht allein auf Lothringen, sondern unternahm weite Reisen nach Deutschland. Zwei der vier Kinder, die aus der Ehe mit Maria hervorgingen und alle in Montigny geboren wurden, wurden ebenfalls Glockengießer. Joseph und sein jüngerer Bruder Jean zogen mit ihren Eltern 1715 zunächst nach Nederweert in die südlichen Niederlande. Die Eltern sind wahrscheinlich hier gestorben und dürften kaum das Jahr 1730 überlebt haben.

Der wahre Grund für den Umzug ist unbekannt. Jedoch lässt sich stark vermuten, dass Jean Francois Petit dem Rat seines Schwagers, Glockengießer Alexius Jullien, folgte, der schon ca. 1689 nach Maaseik auswanderte. Die Vielzahl der Lothringer Glockengießer mag auch vor Ort zu einer finanziellen Krise geführt haben. Die 1685 in Frankreich wieder stark einsetzende Hugenottenverfolgung kann ebenfalls als Grund aufgeführt werden. Durch das Edikt von Fontainbleau verloren die Hugenotten ihre konfessionelle Freiheit. Trotz der angedrohten Todesstrafe wanderten über 200.000 Hugenotten in die Nachbarländer aus. Die Tatsache, dass die Petits damals hauptsächlich für evangelische bzw. reformierte Kirchen gossen, bekräftigt uns in der Annahme, dass sie ursprünglich zu der Gemeinschaft der Hugenotten zählten. Vielleicht folgten sie als Kanonengießer auch nur den Soldaten nach Norden, da die heutigen Beneluxländer zwischen 1650 und 1830 nahezu ständig Schauplatz militärischer Auseinandersetzungen oder zumindest unruhige Regionen waren. Viele Städte versuchten Kanonengießer durch hohe materielle oder finanzielle Zusagen an die Städte zu binden, um einer möglichen Gefährdung durch die Gießer zuvor zu kommen. Jedenfalls zeugen viele namentlich erwähnte Glocken davon, dass es hier auch genügend Arbeit gegeben hat.

 

Joseph Petit (1690 - 1745)

Die Brüder Joseph und Jean Petit durchreisten zwischen 1718 und 1721 die sieben Provinzen, das Rheinland und Westfalen, wo sie gemeinsam an mehreren Orten Glocken gossen. Jean errichtete 1743 mit seinem Sohn Johann in Nieder - Elten bei Emmerich eine Glockengießerei mit Magazin und im darauffolgenden Jahr eine weitere in Hünxe.

Joseph Petit heiratete am 27. Januar 1720 in Nederweert Johanna Maria Guns. Sie stammte aus einer wohlhabenden und einflußreichen Familie und brachte die Burg De Donck in Someren mit in die Ehe. Hier ließ sich die Familie nieder, und Joseph richtete einen ortsfesten Glockengußbetrieb ein. Größere Glocken mußten jedoch weiterhin an ihrem Bestimmungsort gegossen werden. Joseph war eine draufgängerische, abenteuerlustige Natur. So hat er z.B. am 23. Oktober 1720 nach einem Streit mit dem Förster von Asten, Jan van Riet, seinen Degen gezogen. Obwohl Joseph sich in Someren eine neue Heimat aufbaute, muß er sich dennoch stark als Franzose gefühlt haben. In der damaligen unruhigen Zeit brachte ihm dies u.a. einige Unstimmigkeiten mit lokalen Behörden ein. Er war 1724  zu Unrecht beschuldigt, auf seiner Burg französische Soldaten versteckt zu haben. Nach Entkräftigung des Verdachts erhielt er schließlich den Auftrag, für Endhoven mehrere Glocken zu gießen. Als er beim Guß der Glocken für Son in seinem Gehilfen den wahren schuldigen erkannte, steckte er ihn kurzerhand in einen vorbeiziehenden preussischen Armeetrupp. Im Oktober 1742 goß er zwei Glocken auf dem Friedhof in Deurne, wovon eine im Kirchturm bis 1943 hing („ICK ROEP MET LUYDER STEMME ALLE DE GEEN DIE STERVEN MOET: LAET HET QUAET EN DOET HET GOET“). Die sogenannte Munizipal-Glocke hängt angeblich immer noch dort.

 

Alexius Petit d. Ä. (1720 - 1801)

Als Josephs ältester Sohn wurde Alexius Petit d. Ä. 1720 auf De Donck geboren und erlernte in frühen Jahren das Gießerhandwerk. 1745 übernahm er die Glockengießerei seines Vaters und wurde als exzellenter Gießer freischwingender Kirchenglocken bekannt. Zwisch 1745 und 1747 hat er auf seinen zahlreichen Geschäftsreisen seine Frau Maria A. E. Slex kennengelernt und geheiratet. Die Ehe war sehr kinderreich (14), jedoch starben acht im Säuglingsalter oder überlebten nicht das 35. Lebensjahr. Drei Söhne, Henricus, Everhardus, und Alexius d. J., erreichten allerdings ein hohes Alter und wurden bemerkenswerte Glockengießer, auf die wir noch später zu sprechen kommen. In dieser Zeit war Alexius d. Ä. auch in Deutschland sowohl alleine, wie auch mit seinem Neffen Johann Petit, seinem Bruder Petrus, und seinem ältesten Sohn Hendricus tätig.

Alexius Petit d. Ä. hingegen hatte auch andere Interessen, so beantragte er, wie aus einer Anmerkung im Archiv von Someren hervorgeht, das Patent für eine kommerzielle Bierbrauerei. 1771 kaufte er für 3000 Gulden - damals eine sehr beträchtliche Summe - einen der drei nahegelegenen klösterlichen Pachthöfe. Ferner zahlte er am 13. August 1773 das Anwesen De Donck bei seiner Mutter aus. Im Laufe der Zeit verlor er wohl den Überblick über seine Geschäfte oder konnte dem einen oder andern nicht gleichzeitig nachgehen. Jedenfalls veräußerte er De Donck 1778 an die Brüder Johan und Philip de Rooij, und gab dort Wohnsitz und Gießerei auf. An fehlenden Glockenaufträgen kann es allerdings nicht gelegen haben, denn es folgten nun zehn Jahre, in denen Alexius d. Ä. auf ausgedehnten Reisen durch Holland, Rheinland und Westfalen und z. T. mit seinen Söhnen an mehreren Orten zahlreiche Glocken goß.

1779 zog er nach Endhoven und goß dort ein dreistimmiges Geläute für Fischeln. 1780 goß er zwei Glocken („ALEXIUS PETIT EN HENRICUS SEYNEN ZOON HEBBEN MICH GEGOTTEN“) für die Pfarrkirche in Rheindalen sowie für Krefeld und Walbeck.1781 wurde für Kettwig, 1782 und 1783 für Dornick gegossen. Ein Attest über Zollfreiheit von 1783 bestätigt den Umzug nach Dinslaken. 1784 entstehen zwei Glocken für Ottmarsbocholt sowie eine für Südkirchen. 1785 goß er zwei („ALEXIUS PETIT MET SYNE TWE ZONNE ME FUNDERUNT 1785“) für die ev. Pfarrkirche in Dinslaken. Im gleichen Jahr überlegt Alexius d. Ä. mit dem Kirchenvorstand und dem Pfarrer in Osterwick bei „3 Pfund rauchtabak, 1 langer und 12 kleinen Tabakspipen“, wie die Kirche zu einem vollständigen Geläute kommen könnte. Am 20. Mai 1785 wurde der Vertrag über den Umguß der „best gewesene Glocke“ (Sebastianusglocke des Meisters Wolter 1538) abgeschlossen. Alexius d. Ä. unterschrieb für sich und seine Kinder und gab schon damals drei Jahre Garantie auf sein Werk. Die Glocke wurde schließlich in Waltrop gegossen („SANCTUS SEBASTIANUS EST NOMEN MEUM. ALEXIUS PETIT ANNO 1785“). In der ev. Kirche in Burgsteinfurt läutet noch heute eine Glocke von 1786 („ALEXIUS PETIT MET SYN SOON ME FECIT MENS AUG. Ao 1786“).

1787 führte Alexius Petits d. Ä. Weg endlich nach Gescher, wo er mit der Gemeindevertretung am 7. März einen Vertrag über den Umguß einer Glocke für St. Pankratius abschloß. Die Magdalena-Glocke wurde 1788 für 375 Taler im „Priesterwald“ von Alexius d. Ä. mit seinem Sohn gegossen. Am 31. März 1787 wurde ebenfalls mit der Vertretung der Freiheit Bourg ein Vertrag, den Umguß einer Glocke betreffend, unterzeichnet. Zu diesem Zweck mußte die alte Glocke nach Gescher transportiert werden. Außerdem geht aus dem Vertrag hervor, daß die drei Brüder noch gemeinsam tätig waren. 1787 wurde für Horstmar, 1788 für Haffen und 1789 und die kath. Pfarrkirche zu Hagen gegossen („GOTT ZU LOBEN DEINE MACHT SIND WIR DREI ZU ZWEI GESCHAFFT“, „VATERLAND UND HAGEN SEI VON DEN UNGLÜCKSPLAGEN FREY“). Am 11. Januar 1790 verpflichtete sich Alexius in einem ähnlichen Vertrag wie 1785 für Osterwick die größte Glocke umzugießen. Die „Firma“ Petit unterhielt in Gescher bereits eine feste Niederlassung und konnte daher mit konstanten Arbeits- und Materialbedingungen arbeiten. Die dadurch erhöhte Sicherheit des Glockengießers wurde im Vertrag mit einer nunmehr vierjährigen Garantie wiedergeben. Die Glocke für Osterwick trug die Inschrift: „S. MARIAE NOMEN MIHI SACROS PULSOR IN USUS COGE SONAS HOMUIS AD PIETATIS OPUS. ALEXIUS PETIT ME FECIT 1790“. Es ist in dieser Zeit nicht leicht zwischen den Arbeiten des älteren und jüngeren Alexius zu unterscheiden. Zwischen 1790 und 1797 entstanden in Gescher Glocken für Breischen, Burg, Stoppenberg, Westersteden, Lorup, Rheine, Seppenrade, Nienborg und Spelle, die zum größten Teil Alexius Petit d. J. zugeschrieben werden müssen, da Alexius d. Ä. in seinem hohen Alter kaum noch die schwere Arbeit des Glockengießens aufnehmen konnte.

Alexius Petit d. Ä. starb im Alter von 81 Jahren am 7. September 1801 in Aarle - Rixtel, wo sein Sohn Henricus 1786 einen ortsfesten Gießbetrieb eingerichtet hatte. Henricus und Everhardis blieben unverheiratet, weswegen der Neffe Petrus Fritsen den Betrieb nach Henricus Tod übernahm.

 

Alexius Petit d. J. (1765 - 1842) Alexius Petit der Jüngere

Alexius Baptizatus Petit d.J. wurde am 25. September 1765 in Someren als elftes Kind geboren. Nach der Aufgabe der Burg De Donck zog er ab 1778 mit seinem Vater und seinen Brüdern Henricus und Everhardus, wie bereits erwähnt, durch Holland, Rheinland und Westfalen. Nachdem in Gescher schon ein ortsfester Gießereibetrieb eingerichtet war, errichteten die Brüder bei fortlaufender Tätigkeit in Gescher 1791 eine weitere Glockengießerei in Vechta, die jedoch 1805 den Flammen zum Opfer fiel und aufgegeben wurde. Alexius d.J. war als Glockengießer so erfolgreich, daß er nicht nur längere Garantiezeiten zusicherte, sondern auch im Jahre 1804 in der Oldenburgischen Zeitung eine Prämie von 50 Louis d’or aussetzte, wenn ihm binnen sechs Wochen jemand eine geborstene oder sonst mangelhaft geratene Glocke unter den von ihm gefertigten nachweisen könne. Es hat sich niemand gemeldet.

Kurz nach dem Tode seines Vaters trennte sich Alexius d.J. von seinen Brüdern, die von nun an in Holland blieben, und ließ sich von der Glockengießerei in Aarle - Rixtel mit 3000 Gulden auszahlen. Am 19. Februar 1806 zog Alexius d.J. wie ein Dokument von 21. Januar 1807 belegt, endgültig nach Gescher. Er quartierte sich vorerst im Gasthof Grimmelt ein. Im Dezember des gleichen Jahres ehelichte er Maria Theodora Catharina Agnes Elisabeth Edelbrock aus dem benachbarten Horstmar. Die Eheleute wurden am 2. Januar 1808 „nach alter Gewohnheit und Herkommen des Dorfs Gescher mit fünfundzwanzig Thaler“ Gescheraner Bürger. Die Familie wohnte im jetztigen, mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden Bürogebäude an der Hauptstraße Nr. 5.

Die ortsnahen und für die Glockengießerei wichtigen Lehmvorkommen haben hauptsächlich dazu beigetragen, nur noch in Gescher Glocken zu gießen. So errichtete Alexius d.J. auf dem jetztigen Betriebsgelände an der Hofstraße eine größere Dammgrube und einen neuen Ofen mit einem Fassungsvermögen von 5000 kg und goß gleich 1806 drei Glocken für Velen sowie für Borgloh.

Vor allem Alexius Petit d.J. hatte neben Petrus Boitel und Jean Baptiste Dubois einen großen Anteil an einer deutlichen Verbesserung der Klang- und Gussqualität westfälischer Glocken im frühen 19. Jahrhundert. In der Düsseldorfer Zeitung vom 26. Juli 1841 heißt es, dass es ratsam ist, „sich auschließlich an solche Meister zu wenden, welche Proben von dauerhaften Glocken abgelegt haben. Dies gilt nun wohl von keinem Glockengießer mit mehrerem Rechte als von dem Alexius Petit zu Gescher . Es ist wirklich und vielleicht beispiellos, dass dieser ebenso geschickte und vorsichtige Meister bereits 477 Glocken gegossen hat, ohne auch nur einen einzigen Fehlguss zu tun. Noch merkwürdiger und wichtiger ist es, wie mir scheint, dass bis zu der heutigen Stunde noch keine von allen diesen Glocken gesprungen ist.

Von allen Glocken sei hier nur auf ein heute noch läutendes Meisterwerk von 1822 verwiesen, die ca. 2500 kg schwere c’-Glocke in der kath. Pfarrgemeinde St. Georg zu Vreden. Sie ist nicht nur klanglich und gusstechnisch hervorragend, sondern auch eine der größten noch erhaltenen Glocken aus dieser Zeit in Westfalen. 136 Jahre später erweiterte Hans Hüesker in derselben Gießerei das Geläute um weitere vier Glocken.

Sich selber als Gescheraner fühlend, war Alexius d.J. selbstverständlich in der Schützengilde St. Pankratius. Offensichtlich konnte er besser Glocken gießen als schießen. Schützenkönig ist er nie geworden. Auch politisch war Alexius d.J. aktiv. Schon 1808 war „Senor Magistrati A. Petit“ im Gemeinderat vertreten, dem er 1835 immer noch angehörte. Er starb am 25. November 1842 an Wassersucht im Alter von 77 Jahren.

Gebrüder Edelbrock                     

Joseph (1806 - 1885) und Wilhelm (1807 - 1859)    

Da seine Ehe kinderlos blieb, nahm Alexius Petit d.J. seine beiden aus einer Bremer Kaufmannsfamilie stammenden Neffen Joseph (geb. 5.6.1806) und Bernhard Wilhelm (geb. 4.12.1807) Edelbrock 1823 in die Familie und ins Geschäft mit auf. Sie führten es ab 1843, den Petits damit dankbar gedenkend, unter dem Namen Petit & Gebr. Edelbrock fort.

Die Brüder Joseph und Wilhelm Edelbrock heirateten am 10. Juni 1840 in Gescher die beiden Schwesten Gertrud Rosalia und Theresia Josefine Grimmelt, deren Großmutter Margarethe Elisabeth eine geborene Hüesker war. (Der Schwager der Brüder Edelbrock, Postexpedient Franz-Josef Grimmelt, wurde am 17. Juni 1862 Schwiegervater von Johann-Alois Hüesker.) Wilhelm zog nach der Hochzeit auf den „Hof“, Dorf 1, früher Hof Schulte von Gescher. Dort wurden auch seine zwei Söhne geboren. Joseph hingegen blieb vorerst mit seiner Familie im „Bürogebäude“ wohnen und vollzog 1843 seinen Umzug zur Hauskampstraße, Dorf 104. Manchem Gescheraner Bürger ist die „Villa Edelbrock“, die dort bis in die siebziger Jahre dieses Jahrhunderts stand, noch in Erinnerung geblieben.

Bis 1847 waren in der Gießerei, die auch Glocken in benachbarte Staaten exportierte, eingentlich nur die Brüder Edelbrock tätig. Zu Handlangungen wurden zeitweilig Tagelöhner eingestellt. Auf der Weltausstellung in Paris erhielten die Gebrüder Edelbrock 1855 die Silbermedallie. Als Wilhelm 1859 stirbt, geht die Glockengießerei allein auf Joseph über. Dieser goß selbst im hohen Alter mit seinem zweitältesten Sohn Rudolf zahlreiche Glocken. Um nur einige zu nennen: Jeweils ein vierstimmiges Geläute für die Katharinenkirche in Osnabrück (1869), für Ahaus und Refrath (1870), Borlinghausen (1872), Bausenhagen (1875), Steinfeld (1876), Ĺrhus in Dänemark (1880) und ein fünfstimmiges Geläute für Oldenburg (1876).

Joseph Edelbrock starb am 9. April 1885 in Gescher.

 

Rudolf Edelbrock (1843 - 1899) Rudolph Edelbrock

Theodor Hugo Rudolf Edelbrock, geboren am 24. April 1843, war neben seinem Vater ab 1869 als Glockengießer tätig. Doch übernahm Rudolf schon vor dem Tod des Vaters die Geschäftsführung und erweiterte die Gießerei um eine zweite Dammgrube. Der Ofen der sogenannten „großen Gießerei“ hatte ein Fassungsvermögen von 14.000 kg.

1870 heiratete er Crescentia Mayer aus Hechingen. Aus der Ehe gingen die Söhne Joseph, Carl und Paul, genannt Schnurz, hervor. Der Erstgenannte ließ sich als Arzt in Menden nieder. Paul studierte Jura und ging nach seinem Bruder Carl nach Amerika, wo er unverheiratet gestorben ist. Nach Crescentias Tod im Jahr 1883, vermählte sich Rudolf am 9. September 1885 mit ihrer Schwester Pauline. Diese Ehe blieb jedoch kinderlos.

Noch vor dem Tod seines Vaters goß Rudolf 1881 die große Marienglocke für den Dom zu Aachen. Neben zahlreichen Einzelglocken und kleineren Geläuten entstanden jeweils fünfstimmige Geläute für die Wallfahrtskirche in Kevelaer (1884), für Baack (1890), für die Propsteikirche in Bochum (1893) und für die Liebfrauenkirche in Duisburg (1898). Sechsstimmige Geläute wurden für Gelsenkirchen (1882), für die Kathedrale in Roermond (1894), für Homburg v. d. Höhe (1895) und für die St. Josephskirche in Bocholt (1897) gegossen. Der Dom in Fulda erhielt 1897 ein Geläute mit neun Glocken (h°-cis’-dis’-e’-fis’-gis’-a’-h’-fis“).

Rudolf Edelbrock bändigte nicht nur tonnenweise flüssiges Metall, sondern leitete auch die hiesige Freiwillige Feuerwehr. Von 1891 bis 1899 war er deren 1. Commandeur. Er starb nach schwerer Krankheit am 27. November 1899.

 

Carl Edelbrock (1874 - 1926) Carl Edelbrock

Aus Rudolf Edelbrocks erster Ehe mit Crescentia Mayer ging am 25. September 1874 der zweitälteste Sohn Carl Maximilian Hubert hervor, der der Nachwelt am besten von den Edelbrocks in Erinnerung geblieben ist.

Nach seinem Abitur und seiner Lehrzeit unternahm er ausgedehnte Studienreisen durch Europa. Er war ein richtiger Lebemann, seine Vorliebe für Speis und Trank bescherte ihm ein Lebendgewicht von nahezu 320 Pfund. Eine Anekdote berichtet, dass auf einem Schützenfest Oberst Carl Edelbrock und Hauptmann Anton Möllers zusammen mehr gewogen haben als fünf Schützen.

Carl Edelbrock vermählte sich 1897 mit Johanna Tengerich aus Ahaus. Nach dem Tod seines Vaters ging die Gießerei, in der er seit 1895 tätig gewesen war, 1899 auf Carl über. In dem mittlerweile stark erweiterten Betrieb wurde um die Jahrhundertwende auch mit der Herstellung von Bronze – Formguß begonnen. Carl wurde der bedeutendste Glockengießer der Edelbrocks, keiner vor ihm goß so viele Glocken wie er. Von ihm stammen eine Reihe von bekannten Glocken und Geläuten, die weltweit vertreten sind. 1900 entstanden ein fünfstimmiges Geläute für das Rathaus in Kopenhagen. Die St.-Johns-Kathedrale in Denver/Colorado/USA besitzt ein großes aus 15 Glocken bestehendes Geläute (17.500 kg) von 1905. 1906 goß er die St. Andreas-Glocke für den Dom zu Erfurt. Im gleichen Jahr erhielt die Kathedrale in Manila/Philippinen eine Geläute mit neun Glocken. Für den Dom zu Limburg/Lahn wurde 1907 und für die Marienkirche in Landau/Pfalz 1910 ein imposantes sechsstimmiges Geläute gegossen. Das große Geläute im Dom zu Fulda, an dessen Herstellung er 1897 maßgeblich beteiligt war, ergänzte er 1908 mit der Osanna-Glocke (gis°, 5526 kg). Das Geläute im Dom zu Münster erlangte mit der St. Bernadus-Glocke (g°, 5745 kg) 1911 seine tiefste Glocke.

Carl Edelbrock war zwar ein tüchtiger Glockengießer, jedoch als Geschäftsmann nicht so erfolgreich. So nahm er für gelieferte Glocken nach Afrika einmal Schildkrötenpanzer, Schilder und Sperre in Zahlung. 1912 wanderte er aus und schüttelte dadurch „den Staub Europas von den Füssen“. In Amerika verbrachte er drei Jahre „voller Irrfahrten und Abenteuer. Trapper war er gewesen und Cowboy, Wildtöter und Goldgräber, Fischer und Bergmann. Den Biber und Weissfuchs hatte er gefangen an den grossen Seen, war dem grauen Bär nachgestiegen in den Rocky Mountains und hatte mit den Schwarzfussindianern den Elch und Rothirsch gejagt“. Vom Heimweh getrieben und durch die allgemeine Amnestie für die Freiwilligen ermöglicht, ist er kurz nach dem Ausbruch des ersten Weltkrieges heimgekehrt. Nunmehr „rank und schlank“, trat er bei den Kraftfahrern ein und erhielt später in Bialystok einen Posten als Brandmeister. Schließlich war er auch in Gescher nach seinem Vater zwischen 1900 und 1902 1. Commandeur der Freiwilligen Feuerwehr gewesen.

Carl Edelbrock starb am 24. November 1926 in Münster.

Werner Hüesker (1876 - 1932) Werner Hüesker

Werner Hubert Paul Maria Hüesker, als jüngster Sohn von Johann-Alois Hüesker am 10. Juli 1876 in Gescher geboren, heiratete am 25. November 1907 in Stuttgart Ottilie Wemmer. Sie wohnten bis 1925 im jetzigen Bürogebäude an der Hauptstraße Nr. 5. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.

Durch Carl Edelbrocks Auswanderung erlosch die männliche Linie – sein einziger Sohn Rudolf starb durch einen Unfall – der Edelbrockschen Glockengießer in Gescher. Vorher hatte Carl seinen Freund und Verwandten Werner Hüesker eingehend in das Glockenwesen eingewiesen. Werner Hüesker, Mitinhaber und später auch geschäftsführender Gesellschafter der Fa. H. & J. Hüesker u. Co., Baumwoll – Spinnerei und Weberei in Gescher und Vreden, trat am 1. Mai 1912 in die Fa. Petit & Gebr. Edelbrock ein. Er sicherte über Jahrzehnte durch seinen persönlichen Einsatz das Überleben der Gießerei in einer durch Krieg und Inflation geprägten Zeit.

Der erste Weltkrieg, in dem Hauptmann Werner Hüesker an der Front stand, hinterließ nicht nur beim Glockenbestand schmerzliche Folgen. Zeitweilig hatte die Gießerei nur drei bis vier Beschäftigte. Während dieser Zeit verließ auch Albert Junker die Gießerei. Es wurden lediglich Schiffsglocken und kleine Glocken für andere profane Zwecke aus Aluminium gegossen. Zwangsläufig gehörten u.a. auch indirekte Rüstungsaufträge sowie das Abnehmen beschlagnahmter Glocken aus den Türmen zu den notwendigen Arbeiten, die den Fortbestand der Firma sicherten.

Nach dem ersten Weltkrieg blühte der Glockenguss wieder auf. Um den einsetzenden „Glocken-Boom“ bewältigen zu können, engagierte der kriegsversehrte Werner Hüesker 1919 erneut Aloys Rüther, der bereits zu Carl Edelbrocks Zeiten Glockenformer in der Gießerei gewesen war. Die größte Glocke, die während seiner Tätigkeit entstand, war eine 7002 kg schwere g° für die Katharinenkirche in Osnabrück. Nach seinem Tod 1937 wurden seine Aufgaben von Josef Feldmann übernommen.

Jedoch waren Glocken bald mit dem entwerteten Geld der Inflationszeit kaum zu bezahlen. Allein ein Klöppel kostete Billionen von Reichsmark. Nach dem Ende der Inflationszeit war 1925 der Bau einer dritten Glockengrube erforderlich. Der 13.000 kg fassende Ofen der „neuen Gießerei“ ist heute noch in Betrieb.

Unter Werner Hüesker wurde insbesondere die Weiterentwicklung der schweren Rippe betrieben. Die neu konstruierte Rippe enthielt anstatt der Quinte eine Sext. Entgegen dem Rat von Anwälten meldete er diese Rippe nicht als Patent an.

Werner Hüesker starb am 22. Juni 1932 an den Spätfolgen seiner Kriegsverletzung in Köln.

Hans Hüesker  (1914 - 1979)  

Als zweitältester Sohn von Werner Hüesker, wurde Hans Georg Hermann Maria Hüesker am 29. September 1914 in Tübingen geboren. Nach dem Tode seines Vaters trat er in die Firma ein und war ab 1935 als Glockengießer tätig. Seine Anwesenheit im Betrieb wurde durch sein Ingenieurstudium und den zweiten Weltkrieg unterbrochen. Seit seiner Rückkehr aus der russischen Kriegsgefangenschaft war er Betriebsleiter und Geschäftsführer.

Während des zweiten Weltkrieges kam der Glockenguss – die Verarbeitung von Bronze zu Glocken wurde verboten – ganz zum Erliegen, von wenigen Zink-Glocken abgesehen. Am 15. März 1940 erließ Hermann Göring das Gesetz zur Beschlagnahme aller Glocken zu Kriegszwecken. Der Billerbecker Dom war von der Abnahme am ersten betroffen, es folgte der Dom zu Münster. Die 1911 von Carl Edelbrock gegossene St. Bernadus-Glocke (g°, 5745 kg), die der Beschlagnahme im ersten Weltkrieg entgangen war, musste im Turm zerschlagen werden. Auch St. Pankratius in Gescher verlor wieder sein Geläute, hatte jedoch etwas Glück im Unglück. Das letzte vor der Zwangspause im September 1939 gegossene Bronzegeläute, ein vierstimmiges Geläute für die Kathedrale in Linares/Chile, durfte nicht mehr ausgeliefert werden und läutete daher bis März 1945 in St. Pankratius. Auch in diesem Krieg zwangen die Begleitumstände zu einer Produktionsumstellung. So entstanden u.a. für die Marine Stangen und Büchsen aus Rotguß sowie Syphons, Sechswege-Hähne und Rohre aus Zink.

Nach Beendigung des Krieges und Beseitigung der Kriegsschäden in der „alten Gießerei“ wurden im Juni 1945 nach langer Entsagung wieder die ersten Schablonen für Bronzeglocken gezeichnet. Die erste Glocke war für die Notkirche in Coesfeld bestimmt. Im August 1945 wurde auch wieder die „neue Gießerei“ in Betrieb genommen. Wie nach dem ersten Weltkrieg wurden neben Glockenbruch auch Bronze-Kanonen angeliefert und eingeschmolzen. Die Metallbeschaffung blieb zunächst schwierig, zumal auch viel auf dem Transportweg verschwand. Selbst das Glockensammellager in Hamburg war vor Dieben nicht sicher. Später kamen Elektrolytkupferplatten waggonweise nach Gescher. Die Lieferungen waren zur Sicherheit als Holzlieferungen „getarnt“, denn Holz zum Heizen der Öfen wurde ebenfalls benötigt. Zwischen dem Buchenholz befanden sich ferner Talg und Hanf für die Glockenformen und Speck für die Arbeiter. Das anfallende Kupfer wurde zum Schutz vor fremden Zugriffen in der Gießerei und bei Bauern vergraben. Die englische Militärregierung ließ erst nur die Herstellung von Glocken in geringem Umfang zu. Das gelagerte Kupfer ermöglichte vor allem nach der Währungsreform einen reibungslosen Glockenguss.

Nachdem die „großen Glocken“ jahrelang für die Herstellung von Metallguss verwendet worden war, setzte sie Hans Hüesker im Oktober 1948 infolge der übergroßen Nachfrage wieder für den Glockenguss ein. Im selben Monat des gleichen Jahres wurde das größte Geläute Deutschlands nach 1945 für die kath. Pfarrgemeinde in Lindenberg/Allgäu gegossen. Bei einem Gesamtgewicht von 18.500 kg umfasst es die Töne g°-a°-c’-d’-e’-g’-a’. 1949 wurden die Öfen in der „neuen“ und „großen Gießerei“ von Holz- auf Braunkohlenstaubfeuerung umgestellt. Das Jahr 1949 war mit 330.000 kg Glocken das bisher Beste in der Geschichte von Petit & Gebr. Edelbrock.

Die tausendste Glocke nach dem Krieg wurde noch 1949 in der „alten Gießerei“ gegossen, die jedoch inzwischen baufällig geworden war und 1952 abgerissen werden musste. An ihrer Stelle entstand 1955 eine neue Metallgießerei für Schwer- und Leichtmetallguss. Nach Befriedigung des größten Bedarfs wurde der Glockenguss wieder rückläufig. 1956 fällte Hans Hüesker die Entscheidung, sich zusätzlich den Sektor Grauguss zu erschließen und ließ zu diesem Zweck die „große Gießerei“ abreißen. Vorher entstand u.a. das Geläute (gis°-h°.cis’-dis’-fis’) für St. Marien in Witten/Ruhr.

Nach seiner Hochzeit mit Florence Wallin aus Stockholm setzte Hans Hüesker verstärkt auf den Kunstguss. Für die industrielle Herstellung von Grauguss waren mittlerweile moderne Maschinen und Anlagen nötig, die jedoch aus Platzmangel nicht untergebracht werden konnten. Folglich wurde der Grauguss aufgegeben, um sich fortan gänzlich dem Leicht- und Schwermetallguss zu widmen. In der ehemaligen „großen Gießerei“ wurde eine Schreinerei nebst Holzlager eingerichtet, da die Schlosserei durch die Fertigung von Glockenstühlen, Armaturen, Gegenpendelanlagen und Schallblenden völlig ausgelastet war. Schnell wurden auch Turmuhren in das Produktionssortiment aufgenommen.

Neben der Herstellung von Glockenstühlen aus Holz und Stahl sowie sämtlicher Armaturen, wurde 1957 der erste Turmhelm für einen Kirchturm in Brüggen/Erft errichtet.

Ein großer Augenblick herrschte, als Hans Hüesker 1958 die größte Glocke (g°+8, 6045 kg) für den Dom zu Aachen als Ergänzung zum vorhandenen Denkmalgeläute (h°-d’-e’-fis’-g’-a’-h’) von 1659 goß. Die ursprüngliche Marien-Glocke war erstmals 1535 gegossen worden und schmolz beim großen Stadtbrand 1656. Nachdem sie bereits 1659 erneuert wurde, ist sie 1818 geborsten. Erst 1881 erfolgte durch Rudolf Edelbrock der Umguß (g°, 5800 kg). Im zweiten Weltkrieg musste sie 1942 zerschlagen werden.

Wie jede neue Generation der Gescheraner Glockengießer verbesserte auch Hans Hüesker die Glockenrippen. Er war am 26.3.1968 Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Glockengießer (ADG). Zwischen 1969 und 1977 war er Vorsitzender des Verbandes Deutscher Glockengießereien und gleichzeitig im engeren Vorstand des Gesamtverbandes Deutscher Metallgießer (GDM).

Hans Hüesker starb nach langjähriger Krankheit am 15. September 1979. Allein aus der Nachkriegszeit stammen von ihm mehr als 12.000 Glocken.

 

Florence Hüesker (1926 - 1995)

Florence Elvira Elise Hüesker vollzog als leitende Verwaltungsangestellte der Königl. Schwedischen Marine 1956 die Abnahme von Schiffsglocken für Schnellboote. 1959 heiratete sie Hans Hüesker. Florence Hüesker engagierte sich stark für die Firma und übernahm nach kurzer Zeit die Kundenbetreuung und Kalkulation im Bereich des Kunstgusses. Sie wurde bei der Realisation großer Objekte als wertvolle Hilfe von mehreren Künstlern geschätzt. Durch ihre Einflussnahme wurde der Kunstguss, für den schon damals die drei immer noch nebeneinander bestehenden Formverfahren Wachsausschmelz-, Vollform- und Sandformverfahren angeboten wurden, erheblich ausgeweitet. Schnell nahm er im Fertigungsprogramm einen hohen Stellenwert ein.

Seit dem Tode von Hans Hüesker führte Florence Hüesker die Firma in seinem Sinne weiter, nachdem sie sich nach jahrelanger praktischer Tätigkeit unter Anleitung und Aufsicht ihres Gatten intensiv auf ihre Aufgabe als Glockengießerin vorbereiten konnte. 1988 goss sie mit 13 t die schwersten Glocke in Deutschland nach dem Krieg: Die sogenannte Stupa-Glocke steht heute vergoldet in einem tibetanischen Meditationszentrum bei San Francisco/USA. Diese Glocke war so groß, dass sie die Gießerei durchs Dach verlassen musste. Auch die 7,2 t kg schwere Ges°-Glocke für den Ludgerus-Dom in Billerbeck verließ 1992 auf diese recht unkonventionelle Weise das Betriebsgelände.

Bis zu ihrem Tode im Februar 1995 goss sie etwa 2400 Glocken, wobei die „Papstglocke“ besonders zu würdigen ist. Die fast 5000 kg schwere As°-Glocke wurde in Anwesenheit einer Vatikanischen Gesandtschaft am 31.10.1980 um 22 Uhr gegossen. Der Heilige Vater, Papst Johannes Paul II, weihte sie anlässlich seines Deutschlandsbesuches am 17.11.1980 in Fulda. In dem Gutachten des amtl. Glockensachverständigen und Kirchenmusikdirektors Hubert Foersch heißt es „... bilden die bisher vorhandenen Glocken, geliefert 1955 – der Lubentiuskirche in Dietkirchen an sich schon ein festliches Quartett, so hat das Geläute nun durch die neue Papstglocke eine immense Steigerung an Klangvielfalt und Klangreichtum erfahren, die in einer Läuteordnung ausgeschöpft werden sollte. Die Leistungen der Glockengießerei Gescher, insbesondere von Frau Florence Hüesker, die die Rippe zeichnete, verdient umso mehr Achtung und Anerkennung, als sie unter den schwierigen Bedingungen des Zeitdrucks erfolgen musste. Zum anderen ist es wesentlich risikoreicher, zu einem vorhandenen Geläute wie hier, die tiefste Glocke hinzuzugießen. Alle schwierigen Probleme wurden glänzend gelöst. Dank des souveränen Könnens der Glockengießer wurde ein Meisterwerk geschaffen.“

Hans-Göran Hüesker  Hans-Göran Hüesker   beim Glockenguss

Hans-Göran Werner Leonhard Hüesker, ältester Sohn von Hans und Florence, erhielt schon in seinem achten Lebensjahr von seinem Vater die ersten Unterweisungen in der Kunst des Glockengießens. Die früh einsetzende Begeisterung für die Glocke verstärkte sich mit den Jahren. Nach Absolvierung des Gymnasiums entschied er sich für ein Studium der Metallurgie und Werkstoffwissenschaften mit dem Schwerpunkt Gießereikunde.

Im Bereich des Kunstgusses erzielte er erhebliche Verbesserungen in der Oberflächenqualität durch die Einführung computergesteuerter Brennprozesse. Unte...

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