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Versuch einer Typologie von Schreibiibungen
In diesem Kapitel stellen wir Obungen vor, die folgende Schreibkompetenzen entwi-
ckeln helfen:
~ eine kommunikativ-pragmatische, d. h. eine aufreale Kommunikationssituationen
bezogene Kompetenz (Briefe, vorbereitende Notizen, Zusammenfassung usw.);
~ eine bewusst machende und
~ eine kreative Kompetenz.
Dabei unterscheiden wir funf Obungsbereiche:
l. vorbereitende Obungen
4. freies, kreatives Schreiben,
2. aufuauende Obungen,
5. kommunikatives Schreiben.
3. strukturierende Obungen,
Durchdringung aller
Lernbereiche
Eine solche Einteilung darf nicht missverstanden werden: Weder kann man alle
Obungen immer eindeutig einem bestimmten Bereich zuordnen, noch darfvon dieser
Einteilung auf eine lineare Abfolge des Obungsverlaufs mit steigendem Schwierig-
keitsgrad geschlossen werden. Grundsatzlich spielen alle funf Bereiche in allen
Lemstufen eine Rolle, auch wenn unterschiedliche Akzente gesetzt werden; das freie
oder das auf konkrete Kommunikationssituationen bezogene Schreiben sind nicht
grundsatzlich schwieriger aIs das vorbereitende Schreiben und umgekehrt. Die funf
Bereiche sind in jeder Lemstufe immer aufeinander bezogen und erganzen sich
gegenseitig. So findet man die Anfange des kommunikativen Schreibens z. B. in Form
von Briefpartnerschaften schon sehr friih im Unterricht. Andererseits helfen alle
Obungen, die ganz allgemein dazu dienen, das Schreiben von Texten vorzubereiten,
aufzubauen und den Schreibprozess zu strukturieren, den Schiilerinnen und Schiilem
auch, fortlaufend inhaltsreichere und bessere Briefe zu schreiben. Auch Obungen zum
freien kreativen Schreiben (siehe Kapitel 2.5) k6nnen schon im ersten Lemjahr
angeboten werden.
Hinweis
2.1 Vorbereitende Ubungen: Worter und Ideennetze
Hinweis
Bei diesen Obungen werden noch keine Texte produziert, sondem sie bereiten auf die
Textproduktion vor. Die Obungen zeigen
~ wie der fur die Textproduktion notwendige Wortschatz erarbeitet, erweitert und
geiibt werden kann,
~ wie bereits vorhandenes Wissen aktiviert wird,
~ wie Rechtschreibung und Zeichensetzung sinnvoll geiibt werden k6nnen.
W ortschatzerweiterungen, V orwissen aktivieren - diese Aktivitaten finden noch vor
dem eigentlichen Schreiben start, obwohl natiirlich geschrieben wird, aber dies
zunachst zur Vorbereitung (Mittel zum Zweck, Sie erinnem sich!). Erst im~nachsten
Kapitel (Kapitel 2.2) geht es dann um die Produktion von Texten. /"
Die meisten der in diesem (und in den folgenden Kapiteln) vorgestellten Obungen sind
fUr Partner- oder Gruppenarbeit gedacht. Auf diese Weise k6nnen die Deutsch-
lemenden von Anfang an die Erfahrung machen, dass Schreiben keine einsame, von
anderen isolierte und isolierende Tatigkeit zu sein braucht, sondem in Kooperation mit
anderen startfinden kann (dem Schreiben in Gruppen widmen wir in dieser Fem-
studieneinheit unter 2.5.4 ein eigenes Kapitel).
Sozialformen
Hinweis
2.1.1 Wortschatzerweiterungund -differenzierung
Gewiss k6nnen Sie uns bei der folgenden AuJ3erung zustimmen: Der W ortschatz ist das
Wichtigste an der Sprache. Ohne W6rter gibt es keine Sprache und kein Schreiben, auf
Grammatik kann man gegebenenfalls verzichten, aufW6rter nicht. Mangelnde Wort-
schatzkenntnisse k6nnen den Schreibprozess erheblich behindem. Empirische Unter-
suchungen von fremdsprachlichen Schreibprozessen haben denn auch gezeigt, dass
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rund die Halfte aller Probleme, die wahrend des Schreibvorgangs auftreten, W ortschatz-
probleme im weitesten Sinne sind (wahrend es einen ausgesprochen geringen Anteil
von grammatischen Problemen gibt; vgl. Krings 1992, 58). Diese Ergebnisse legen
nahe, W ortschatzubungen im Bereich vorbereitender Aktivitaten in allen Lemstufen
eine wichtige Stelle einzuraumen.
Rolle von vorbereitenden
Wortschatzubungen
Wir beginnen zunachst mit einigen relativ einfachen, spielerischen Ulmngen zur
Aktivierung und Erweiterung des W ortschatzes. Diese Art Ubungen dient vor allem
dazu, Schreibhemmungen abzubauen. Danach wollen wir Moglichkeiten komplexerer
vorbereitender W ortschatzarbeit besprechen.
Es gibt unendlich viele verschiedene Moglichkeiten, W ortschatz zu uben. Das zeigen
schon die meisten Lehrwerke selbst, besonders aber die oft sehr phantasievollen
Wortschatziibungen in den Arbeitsbuchern zu diesen Lehrwerken, sowie Sammlungen
von Spielen, bei denen haufig "rund um den Wortschatz" gespielt wird (z. B. Bohn!
chreiter 1989; Spier 1981; Ur/Wright 1995). In der Fernstudieneinheit Probleme der
;Vortschatzarbeit stellt Rainer Bohn Kriterien fur sinnvolle Wortschatzubungen zu-
-ammen (bes. Kapitel 3). In der vorliegenden Femstudieneinheit beschranken wir uns
auf einige Typen von schriftlich auszufuhrenden W ortschatziibungen, die besonders
dazu geeignet sind, das Schreiben vorzubereiten.
A. Einfache schriftliche Ubungen zum Abbau von Schreibhemmungen
3itte spielen Sie die folgenden Ubungen, wenn moglich mit einem oder mehreren
Ulmngspartnern, durch:
Wortkette
Wortkette
~in Wort wird vorgegeben; der letzte Buchstabe bildet den ersten Buchstaben des
euen Wortes:
Haus ~
Sonne ~
Ei ~
lnsel ~
Liebe ~
E ...
"'-""bungsablauf
=>ieLernenden arbeiten paarweise oder zu dritt. Jeder hat ein Blatt Papier vor sich. Jeder
schreibt hinter das vorgegebene Wort Haus das Wort, das ihm mit dem Anfangsbuch-
saben s (oder S) einfaJlt, und gibt das BIatt an den Nachbarn weiter, der wiederum mit
~em letzten Buchstaben des letzten Wortes ein neues Wort bildet usw.
ariationen:
Jiese Ubung kann vielfach variiert werden: In der Regel empfielt es sich, alle
-ortarten zuzulassen. Die textvorbereitende Funktion dieses Ubungstyps zeigt sich
jallll am uberzeugendsten, wenn nur Worter zu einem bestimmten (und bereits in der
='Jasse/im Lehrwerk behandelten) Thema geschrieben werden durfen, zu dem dann ein
- ext erstellt werden solI.
Probieren Sie eine solche thematische Variante anhand von a) oder b) des
Jolgenden Ubungsbeispiels aus und beenden Sie die Ubung mit c).
Aufgabe 19
3 Worter-Schlangen
a) Schule
Schreibe die Worterschlange weiter
BLEI S TI FT N
TURNEN
E ~
L
Worterschlangen
loi
Das kannst du auch mit dei ner Nachbarin/deinem Nachbarn spielen.
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b) Freizeit
Suche zu jedem Buchstaben ein Wort, das zum Thema "Freizeit" paBt. Du kannst
auch im Lexikon Worter suchen.
F
A
F
H
R
R
A
E
D
-----
N
nach: Neuner (1992), Nr. 3
ej Suche 7 - 10 Worter aus und schreibe eine Schul- oder eine Freizeit- "
gesch ich te, in der diese Worter vorkommen.
'>
Im Folgenden werden wirnoch andere Beispiele fur thematisch gebundene W ortschatz-
iibungen zur Vorbereitung der Textproduktion besprechen.
Satzschlange
Satzschlange
Ein Wort ist vorgegeben, z. B.: Ein ...
Hinweis
Der Partner sucht ein Wort, das an Ein anschlieJ3t: Ein Lehrer ... Welches Wort folgt
nun? Ein Lehrer hat ... usw. Wie viele Worter hat die Satzschlange?
Ubungsablauf
Die Obung kann in Partnerarbeit und Kleingruppen gemacht werden (bis etwa funf/
sechs Schiiler pro Gruppe). Wichtig ist auch hi er, dass jeder Schiiler mit einem Blatt
beginnt und die Blatter von einem Schiiler zum anderen wandem (siehe dazu auch
Kapitel 2.5.3 zum Thema Schreiben - allein oder in der Gruppe).
Wortsatze
Wortsiitze
Ein Wort ist vorgegeben, z. B. : Mond. Aus den Buchstaben dieses W ortes solI ein Satz
gebildet werden, in demjedes Wort mit einem Buchstaben dieses W ortes beginnt, z. B.
Mein Onkel nimmt Doner (= Donerkebap, eine in Deutschland gem konsumierte
tiirkische Spezialitat, eine Art tiirkischer Hamburger aus Lammfleisch) oder: Muss
Otto nicht dirigieren? usw.
Aufgabe 20
Bi/den Sie einen Satz mit den Buchstaben der Worter " und" und "B lumen ".
und:
u
n
d
Blumen:
B
l
u
m
e
n
Ich buchstabiere mich
Ich buchstabiere mich
Bitte fuhren Sie diese W ortschatziibung auch fur sich selbst durch.
Aufgabe 21
Schreiben Sie Ihren Vor- oder Nachnamen mit grojJen Buchstaben senk-
recht (untereinander). Finden Sie dann zujedem Buchstaben ein Wort, das
zu Ihnen passt, das Sie charakterisiert oder das Ihnen sympathisch ist/mit
dem Sie sich identifizieren konnen ... , und schreiben Sie es waagerecht
dazu.
Ich heijJe ...
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H--------A
R
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_.lit meinem Vomamen komme ich z. B. zu folgendem Ergebnis:
Ich heiJ3e ...
Brille (trage ich)
Enzensberger (les ich gem)
Reisen
BeisQ.iel
(mach ich gem)
Neugierig
(bin ich)
Donostia
(schane Erinnerungen an eine baskische Stadt)
und das sind meine Warter.
_.enate Welsh, die mit dieser Obung in ihren Schreibwerkstatten mit Kindem arbeitet,
--gt dazu:
"Das Buchstabieren des eigenen N amens mit Begriffen, die zu einem passen, ist, glaube
ich, schon ein Stiick Nachdenken uber sich selbst und auch eine Mitteilung an die
anderen." (Welsh 1988, 66)
-- riationen:
Die Lemenden verandem die Reihenfolge der Buchstaben, danach wird geraten,
wer sic h hinter den Begriffen verbirgt.
- Die Namens-Buchstaben kannen sich auch innerhalb von Wartem befinden.
IZ-
_ Bei anderen Wartem kannen die Lemenden persanliche oder Gruppenassoziationen
zum Thema finden.
Beispiele:
Elt ern
BeisQiele
L iebe
(liebe ich)
(klappt nie so richtig)
(trinke ich geme)
(brauche ich nicht) n
e
F
- e solche Wartersammlung kann ein motivierender Anlass zu einem kleinen Text
__den (si ehe auch Kapitel 2.5 zum kreativen Schreiben).
Hinweis
Thematisch gebundene W ortschatziibungen zur V orbereitung von
Textproduktion
=~ Alctivierung und Erweiterung jener W ortschatzbereiche, auf denen die Deutsch-
enden bei der Textproduktion aufbauen kannen, ist eine wichtige vorbereitende
'yitat. Diese Aktivitat fuhrt gleichzeitigiiber die reine W ortschatzarbeit hinaus: Bei
Evozierung (Erinnerung, emeute schriftliche Fixierung, Neu-Entdeckung) yon
"1em und W ortbedeutungen entstehen bereits erste Ideen- und Gedankennetze, die
clt und Struktur des Textes, der geschrieben werden solI, vorformen. V orhandene
_.-:ken kannen durch gezieltes Nachfragen gerullt werden.
- :vorbereitende W ortschatziibungen dieser Art sollten immer in Partner- oder
- ::npenarbeit, bei assoziativen Verfahren (siehe Kapitel 2.1.2 und Kapitel 2.5) im
um durchgefuhrt werden. Auf diese Weise wird der W ortschatz (im wahrsten
e des W ortes) der Gesamtgruppe fur alle verrugbar gemacht.
Folgenden machten wir einige "Fundsmcke" aus verschiedenen Lehrwerken
5Cn, d. h. Typen von W ortschatziibungen, die wir in Lehrwerken gefunden haben
~ die uns zur Vorbereitung von Textproduktion geeignet erscheinen.
uchungen haben gezeigt, dass jiingere Schiilerinnen und Schiiler geme iiber sich
~ -51, ihre Familie, ihre Beziehungen, ihre Lebenswelt schreiben. Das ist leicht zu
-en, denn dabei kannen sie sich aufBekanntes beziehen und sind nicht auf andere
--ensbestande angewiesen.
en wir also zunachst einmal die ThemenMeine Familie (und Verwandtschaft),
- e Hobbys, Mein Zimmer/Unsere Wohnung/Unser Hausi ..
thematisch gebundene
Wortschatzubungen
Hinweis
"FundstOcke" aus
Lehrwerken
. piel: Familie
Beispiel1
Thema: Familie
im Langenscheidt-Verlag erschienene Lehrwerk Memo (Haublein u. a. 1995)
fortgeschrittenen Deutschlemenden ein intensives W ortschatztraining. Die
en Kapitel sind verschiedenen Themen gewidmet: Kapitel 2 dem Thema
'Jie, private Beziehungen. Dort finden wir ein iibersichtliches Schema mit Be-
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Meer
nervos
Fisch
ruhig
r
i
e
(Lieblingsfarbe)
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zeichnungen von Familienmitgliedem (und Verwandten). (Verwandte sind "Familien-
mitglieder",je nachdem, welchen Familienbegriff die Lemenden in Ihrer Lemgruppe
zugrunde legen.) Fur unsere Zwecke hi er haben wir mehr aIs die Hiilfie der Bezeich-
nungen in der V orlage gel6scht. (Jenach Lemstand Ihrer Gruppe k6nnen Sie das
Diagramm auch vereinfachen oder ein anderes verwenden, wichtig ist j edoch, dass die
Struktur von Familie abgebildet ist.) Bevor die Lemenden nun damit beginnen, zum
Thema Meine Familie einen Text zu schreiben, setzen sie sich in Partner- oder Mini-
Gruppen zusammen und versuchen gemeinsam das Schema zu ergiinzen.
Aufgabe 22
Bitte iiberlegen Sie:
1. Was unterscheidet die Arbeit mit einem solchen Schema z. B. vom
ungeordneten Sammeln von Familienbezeichnungen (durch Zuruj) oder
der Erstellung eines Assoziogramms an der Tafel?
2. Welchen Vorteil bietet ein Schema, das nicht komplett ausgefiillt ist?
3. Was geschieht in der Partner-/Gruppenarbeit?
Die Familie
nach: Haublein u. a. (1995), 2~
Beispiel2
Thema: Hobby
2. Beispiel: Hobby
Aufgabe 23
Wie wiirden Sie Ihre Schiilerinnen und Schiiler auf das (Teil-) Thema
"MeineHobbys" (z. B. im Zusammenhang eines Briefes) vorbereiten oder
wie haben Sie das schon gemacht?
In vielen Lehrwerken findet man zu diesem Thema bildgesteuerte* Obungen, die Sie
, gut verwenden k6nnten. Denkbar ist auch eine Pantomime: Alle stellen ihr Hobby/ihre
Hobbys pantomimisch dar und mussen die Hobbys der anderen raten und gemeinsam
das deutsche Wart suchen/finden, eventuell auch mit Hilfe des W6rterbuchs.
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